Die USA gelten allgemein als das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Diesen Leitgedanken in interpretieren in musikalischer Hinsicht GENGHIS TRON aus Pennsylvania neu. Anders lässt sich das Konzept der Band nicht beschreiben, das wohl so nur einmal auf der Welt existiert. Der Vorgänger zu „Board Up The House“, „Dead Mountain Mouth“, wurde fast 15.000 Mal weltweit, obwohl nur eingeschränkte Distributionsmöglichkeiten vorhanden waren. Dieses Mal sind die Vorzeichen nun um einiges besser, da man mit Relapse Records eines der ganz großen Labels im Bereich der extremen Musik im Rücken hat.
Und extrem ist wohl das einzig richtige Adjektiv, wenn man die Musik der Amis beschreiben und nicht zu Wörtern wie „geisteskrank“ greifen möchte. Daher sollte man sich diesen Höllenritt, der entgegen aller Regeln der Metalkunst geht und trotzdem hell auf begeistert, am besten in einem gemütlichen Örtchen anhören – eine Gummizelle zum Beispiel, mit einer Flasche Pinselreiniger zum Schnüffeln und GENGHIS TRON aus den Boxen. Was also macht diese Band? Man mischt Grindcore, Ambient, Alternative, Hardcore und vor allem eine große Menge Electronica und während man normalerweise davon ausgehen würde, dass es sich um ein undefinierbares Chaos handelt, ist das hier nicht der Fall. Man geht nicht wie manche andere, die sich Chaoscore-Band schimpfen, ohne Konzept ans Werk um wie Clowns dazustehen, sondern zeigt jederzeit sein musikalisches Können, Ambitioniertheit, Professionalität und natürlich, dass man vor nichts zurückschreckt. Wahnsinnige Grindcoresalven, die so klingen, wie – sagen wir mal – ein brennender Tyrannosaurus Rex, wechseln sich mit epischen, poppigen und psychodelischen Passagen ab, als wäre es das normalste der Welt. Das ganze Album und jeder einzelne Song darauf klingt 100%ig stimmig. Im Vergleich zum Vorgänger wurde der Prügel-Anteil ein wenig zurück geschraubt, so dass ein Titel wie „Things Don’t Look Good“ bei manchen Passagen sogar richtig gezähmt wirkt.
Mit einem Durchgang ist es hier freilich nicht getan, denn die wahren Leckerbissen stecken im Detail. Der Hörer ist einfach zu überfordert, wenn er wirklich sofort alles erfassen möchte, doch auch ungeduldigere Zeitgenossen können Spaß daran finden. Es scheint so als Gäbe es zwei Ebenen: Die eine eben sehr komplex, tief verborgen und nur schwer auszumachen und die andere eher an der Oberfläche, die schon beim ersten Hören, verständlich ist. Das Verblüffende ist, dass hier beide Ebenen, also sowohl das genaue Analysieren über einen Kopfhörer, als auch das Album nur in der Funktion als Hintergrundmusik, ihre Qualitäten haben. Die Frage ob hier genug Abwechslung vorhanden ist, wirkt geradezu lächerlich und auch die Songqualität ist durchgängig hoch.
Man glaubt fast nicht, dass es heutzutage noch Bands gibt, die derartigen Mut zur Lücke beweisen und ihr so konsequent durchziehen. Für aufgeschlossene Hörer und alle Fans von anspruchsvoller, ungewöhnlicher Musik ist GENGHIS TRON fast schon Pflicht. „Board Up The House“ ist besser als jede bewusstseinerweiternde Droge, auch wenn man es nicht für möglich hält ein solches Album ohne Farbverdünner , LSD oder zumindest Cannabis zu schreiben. Diesen drei irrsinnig innovativen Köpfe, die hinter der Band stecken, ist nur weiterhin so viel Enthusiasmus und Schaffensfreude zu wünschen. Sie zeigen, dass extreme Musik nicht immer gleich sein muss, und treffen hoffentlich auf offene Ohren.
Wertung: 9.5 / 10