Ironie des Schicksals – dieser Begriff trifft es wohl am besten, wenn man sich Musik und Biographie der norwegischen Band FUNERAL, eine der Vorreiterbands des Funeral Doom anhört und -sieht. Zunächst traf die Truppe ein schwerer Schicksalsschlag, als Bassist Einar Andre Fredriksen im Januar 2003 verstirbt. Doch dabei sollte es nicht bleiben, im Oktober holt sich der Tod auch noch Christian Loos, wenig später wird „From These Wounds“ in Norwegen veröffentlicht (Europaweit erst 2007). Die Musik könnte diese Thematik wohl kaum besser verarbeiten. Die Musik ist tiefmelancholisch, traurig, aber dennoch hoffnungsvoll. Durchweg wird schleppender, melodischer und gitarrenbetonter Funeral Doom geboten, der von der ersten Minute an mitzureißen weiß. Die Stimmung ist sehr eigenwillig, eröffnet aber eine Vielzahl an, wie soll man sagen, „Interpretationsmöglichkeiten“, denn an Intensität ist dies kaum zu überbieten. Problematisch sind an dieser Spielart die oft recht langen Songs, die das Hörvergnügen zu Beginn zu einem anstrengenden Unternehmen machen können. Doch wie sich das im Falle FUNERAL verhält, könnt ihr nun lesen.
Zunächst wird man erst einmal mit klarem weiblichen Gesang eingehüllt, der stark an Kirchenlieder denken lässt. Dann setzen die Gitarren ein, die von Beginn an mit langsamen, melancholischen Melodien, auf tiefstgestimmten Gitarren gespielt mitreißen. Unterstrichen wird diese Stimmung von Cleangitarren, begleitenden Keyboards und dem sehr charakteristischen, tiefen und teils mehrstimmigen Gesang, der sich nahtlos einfügt. Hin und wieder begibt man sich kurz in härtere Gefilde, um dann schnell aber wieder mit dem höchst eingängigen Refrain in die traurige Grundstimmung zu verfallen. Irgendwann schleicht sich auch ein kurzes, aber sehr dezentes Solo hinein, was die ohnehin grandiose Stimmung noch einmal aufwertet. So schaffen es FUNERAL schon bei diesem ersten Song mit nicht allzu vielen Mitteln derartig mitzureißen, dass man sich nach kürzester Zeit kaum mehr von der Musik trennen kann. Im darauf folgenden Titelsong wird zunächst der Akzent auf den Gesang gelegt, was die stimmlichen Fähigkeiten Fode Forsmos eindrucksvoll unter Beweis stellt. Erneut ist der eingängige Refrain nicht zu verachten, ebenso wie beim nachfolgenden „The Architecture Of Loss“. Die Songs einzeln zu zerpflücken und ihre Stärken in den Vordergrund zu stellen wäre ein sehr aufwendiges Unternehmen, weswegen ich es bei diesen Eindrücken der ersten Songs belassen will. Denn: Keiner der Songs wartet mit wirklichen Schwächen auf, der einzige kleine Haken am ganzen sind gelegentliche langatmige Passagen.
Ansonsten ist „From These Wounds“ nämlich ein großartiges Album geworden, das seinesgleichen sucht. Ich habe noch nie eine Band erlebt, die so unglaublich traurig, hoffnungsvoll und irgendwie auch grausam klingt. FUNERAL zeigen einerseits die dunkle Seite des Lebens auf, geben aber (im akustischen Sinne) auf irgendeine Weise wieder Hoffnung. Dieses Album ist Pflichtprogramm für jeden Freund anspruchsvoller, emotionaler Musik und dürfte vielleicht sogar Menschen begeistern, die sich nicht innerhalb der Gefilde des Metals bewegen. Wenn FUNERAL als traurigste Band der Welt bezeichnet werden, kann man das spätestens nach „From These Wounds“ voll und ganz nachvollziehen.
Wertung: 9 / 10