Einigen Freunden alternativer Musik ist er vielleicht noch bekannt, der Münchner Club „Keller“, welcher in der Landeshauptstadt auch heute noch für seinen legendären Partys bekannt ist. Jahrelang wurde hier zu Musik zwischen Indie, Punk und Metal gefeiert, getrunken und geschwitzt. Auch wenn die Musikauswahl sich zu großen Teilen an aktuellen Trends orientierte, war dies einer der wenigen Läden, in denen man den DJ tatsächlich dazu bewegen konnte, auch mal überlange Lieder von The Mars Volta oder einen Song von The Dillinger Escape Plan zu spielen. Scheinbar hatten es die Verantwortlichen allerdings verpasst, die Übersättigung des Publikums von der berühmt-berüchtigten Emo-Welle zu bemerken, wodurch der Club immer mehr Besucher verlor, bis er schließlich 2008 schließen musste. Trotzdem ist in Zeiten, in denen stumpf aggressives Metalcore-Geballer die Vorherrschaft in Alternative-Clubs übernommen hat, immer noch ein Kern der guten Bands aus dieser Zeit übrig geblieben, der es schafft, gekonnt von Hardcore geprägten Sound mit Melodien und Emotionalität zu kombinieren. Dauergast in der Keller-Rotation waren damals auch die 2001 gegründeten FUNERAL FOR A FRIEND aus Wales, welche mit „Conduit“ ihr sechstes Studioalbum veröffentlichen.
Mit verhallten Gitarrenklängen bahnt sich „Spine“ mit einer markanten Melodie und der Unterstützung eines treibenden, rhythmisch variierten Schlagzeugs den Weg in das neue Album, bevor Matthew Davies-Kreye in einem wuchtigen Half-Time-Part mit seinem leidenschaftlichen und sehnsüchtigen Gesang einsetzt. Seine Stimme pendelt dabei stets zwischen hohem Singen und leichtem Geschrei, was sich auch auf dem restlichen Album fortsetzt. Ehe man sich versieht, ist dieser Teil auch schon wieder vorbei und man findet sich nach einer großartigen Hookline in einem der unwiderstehlichen, mitreißenden und schönen Refrains wieder. Bereits in diesem Opener zeigen FUNERAL FOR A FRIEND mehr Gefühl als viele ihrer härteren „Nachfolger“, ohne dabei übertrieben kitschig zu klingen. Dies gilt ebenso für die Singleauskopplung „Best Friends And Hospital Beds“, welche Post-Hardcore und Poppunk auf perfekte Weise miteinander verknüpft sowie für das stark an den Anfang der 2000er erinnernde „Nails“.
Während diese Songs den Eindruck erwecken könnten, dass die Band den Stil ihrer letzten Alben fortsetzt und sich primär an poppigen Strukturen und Melodien orientiert, zeigen FUNERAL FOR A FRIEND auf ihrer zweiten Independentveröffentlichung allerdings durchaus, dass sie es (wieder) ordentlich krachen lassen können. Dies wird besonders deutlich, wenn in „Grey“ dissonante, fette Riffgewitter auf den Hörer niederschlagen oder der Titeltrack mit einigen nahezu an Djent erinnernden Passagen das Trommelfell weich prügelt. Die Einflüsse der „neueren“ Metal- und Post-Hardcore-Bands sind über die gesamte Spiellänge des sechsten Albums von FUNERAL FOR A FIREND ebenso präsent wie eine Rückkehr zum härteren Sound ihrer frühen EPs und ihres ersten Albums.
Insgesamt erfindet „Conduit“ das Rad sicherlich nicht neu und weist in seinen gut 30 Minuten Spielzeit ein dominierendes Muster in den Songstrukturen auf. Dennoch besitzt jeder Song einen eigenen Charakter und sticht durch einzelne Melodien und Hooklines als markant hervor. Dass dies nicht immer gut geht, zeigt besonders der Song „Travelled“, bei dem urplötzlich ein aalglatter, belangloser Refrain absolut unpassend eine dissonante, fette Strophe ablöst. Ein weiterer Streitpunkt ist sicherlich (immer noch) die textliche Ausrichtung. Ob man mit so emotionalen Texten etwas anfangen kann, muss man für sich selbst entscheiden – mir persönlich sind Texte, die von persönlichen Problemen, Selbstzweifeln und Liebe erzählen allerdings meistens näher und lieber, als eine vertonte Zurschaustellung der eigenen Coolness oder Härte. Mit ihrem sechsten Album zeigen FUNERAL FOR A FRIEND mit einer Mischung aus Post-Hardcore, Metal und poppigen Melodien auf jeden, dass Emo auch heute noch kein Schimpfwort sein muss.
Wertung: 7 / 10