Review Freedom Call – The Circle Of Life

Eines muss man zunächst einmal vorweg schicken, wenn man den FREEDOM CALL Silberling „The Circle Of Life“ betrachtet: Die Verpflichtung von Keyboarder Nils Neumann war das Beste was den jetzt zum Fünfer angewachsenen Bayern passieren konnte. So zeigt gleich der erste Track „Mother Earth“ eine für Freedom Call neue Vielschichtigkeit, die vor allem durch die tolle Keyboard-Atmosphäre erzeugt wird. Gleichzeitig vergessen die fünf jedoch nicht ihre Wurzeln und mit knackigen Mitgröhl-Chören und der eingängigen, sehr leichten Melodie finden sich in diesem Track die typischen Freedom Call Elemente.

Auffällig bei „The Circle Of Life“ ist vor Allem, dass die Süddeutschen wesentlich experimentierfreudiger geworden sind. Dies wird wohl bei „The Rhythm Of Life“ am deutlichsten. Das Intro von Bass und Keyboard erinnert schon fast an den Industrial und auch der verzerrte Gesang gehört nicht unbedingt zu dem, wofür Freedom Call berühmt sind. Dennoch ist dieser Titel eindeutig einer der Beste auf dieser Scheibe. Denn hier findet sich für jeden etwas: Die angesprochenen Industrial-Elemente erzeugen eine gespannte Atmosphäre, die im Refrain aufgelöst wird, indem Chris Stimme hier wieder klar und mit einem Hall-Effekt unterlegt daher kommt. Und nicht zuletzt sorgen auch der erdige Groove und die schon fast Rammstein artigen Gitarreneinstreuungen dafür, dass Freedom Call Anno 2005 vielseitiger sind als jemals zuvor.

Die eingangs erwähnte Neuverpflichtung von Keyboarder Nils ist das, was diesen Silberling so spannend macht. So zeigt zum Beispiel „Starlight“ gerade am Anfang Anklänge an Bands wie Nightwish oder Within Temptation. Wenn dann jedoch Chris charakteristischer Gesang einsetzt wird sofort klar, dass es sich bei dieser Band um Freedom Call handelt. Und so klingt auch der ganze Titel: Wie ein typischer Freedom Call Track, der noch zusätzlich mit einem Keyboard unterlegt und so um eine Klangebene erweitert wurde. Ein absoluter Hinhörer ist auch das sehr an den Soul anklingende kurze Gesangssolo von Backround-Sängerin und Vocal-Coach Janie Dixon.

Das das Quintett allerdings auch anders kann beweist der siebte Track „Kings & Queens“ in dem Freedom Call ihre humoristische Ader entdecken. Der Titel klingt mit seiner flotten Doublebass und dem hymnischen Chorus zunächst nach einer typischen Up-Tempo-Nummer, wie sie nur die fünf Bayern kreieren können. Allerdings beschäftigen sie sich hier mit einem durchaus ernsten Thema: Es geht um die Ausschlachtung von Stars und Sternchen in den Medien. Dieses ernste Thema wird allerdings von Chris in seinen Lyrics eher lustig verpackt. Denn wer könnte schon an einer Textzeile wie „God shave the Queen“ vorbeihören ohne zu lachen?!

Der beste Track auf „The Circle Of Life“ ist allerdings der Titeltrack, den Freedom Call ganz ans Ende ihres Werkes gestellt haben. Vor Allem der erste Teil dieses Meisterwerkes ist von einer tief gehende Depression geprägt. Das Spieluhr-Intro und die einsetzende spanischen Gitarren sorgen zusammen mit dem Keyboard-Spiel von Nils für eine sehr gedrückte Atmosphäre. Und auch die Tatsache, dass selbst der Chorus nur von einem dezenten Riffing unterlegt ist legt die Vermutung nahe, dass es sich hier um eine düstere Ballade handelt. Dieser bittersüße Traum wird jedoch zerstört wenn Nils zu einem elegischen Keyboard-Solo ansetzt. Auf dieses folgt ein fettes und beinahe fröhliches Riffing von Bass und Gitarre. Auch Chris Stimme klingt nach dieser Bridge lange nicht mehr so verloren und hoffnungslos. So lassen die fünf einen am Ende ihres Albums mit einem Gefühl der Hoffnung zurück: Noch ist nicht alles verloren. Das Leben ist lebenswert.

Den einzigen Ausfall auf diesem genialen Silberling stellt „High Enough“ dar. Dabei beginnt der Titel gar nicht so schlecht: Gezupfte Gitarren und die zahlreichen Sprechparts von Chris beschwören einmal mehr die Experimentierfreudigkeit herauf, die THE CIRCLE OF LIFE zu so einem großartigen Album machen. Und auch der Einsatz von schnellem Gitarrenspiel und treibender Doublebass machen Hoffnung. Das Gitarrensolo von Cede wirkt jedoch, als wäre es an den Track drangeklatscht worden, um ihn künstlich zu verlängern. Danach wird der Chorus noch einmal wiederholt und der Track klingt aus, indem das gezupfte Motiv aus dem Intro noch einmal wieder aufgegriffen wird.

Weitere Tracks sind die Up-Tempo-Nummer „Carry On“, das an den klassischen Heavy Metal erinnernde „Hunting High And Low“, der Zwischenspieler „The Gathering“, das marschierende „Hero Nation“, das hymnische „Starchild“ und das halb elegische, halb groovende „The Eternal Flame“.

Insgesamt sind Freedom Call Anfang 2005 besser als je zuvor. Die Verpflichtung von Keyboarder Nils Neumann hat ihrem Sound eine weitere Ebene hinzu gefügt und das Quintett aus Bayern traut sich auch mit für seinen Sound untypischen Elemente zu experimentieren. Dabei wird jedoch keinesfalls der alteingesessene Fan vergessen, der mit reichlich leichtem Freedom-Call-Up-Tempo-Spaß versorgt wird. Und so klingt „The Circle Of Life“ abwechslungsreicher und dynamischer als seine Vorgänger. Vielleicht auch ein Umstand, den wir der Tatsache zu verdanken haben, dass es sich bei dieser Scheibe um das erste Freedom Call-Werk handelt, das kein Konzept-Album ist. Wäre da nicht der kleine Ausrutscher in Form von „High Enough“ wäre der Verfasser dieser Zeilen fast schon geneigt zur Höchstpunktzahl zu greifen. So bleibt es jedoch bei fetten neun Punkten.

Wertung: 9 / 10

Geschrieben am 5. April 2013 von Metal1.info

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