Wenn eine Progmetal-Band gleich in den ersten Sätzen einer Rezension mit den Genre-Göttern Dream Theater verglichen wird, wirft das meist kein gutes Licht auf die besprochene Platte – schließlich gibt es genug Kapellen, die die amerikanischen Heroes mal mehr, meistens aber eher weniger gut nachspielen. Dabei ist es doch gerade ein eigenständiger, unverwechselbarer Sound, der eine Band interessant macht. Vermutlich aber ist es zu schwer, heute noch was Neues und zugleich Gutes zu erschaffen, deshalb geht man gern den Weg der Sicherheit.
Auch die aus dem mittelbadischen Bühl stammenden FOUNTAIN OF YOUTH müssen sich zunächst mal gefallen lassen, entfernt an Dream Theater zu erinnern. Nur sind die Rahmenbedingungen hier ganz andere, als bei den üblichen Quasi-Coverbands. Denn die Jungs nutzen Dream Theater nur als ihre Inspirationsquelle, entwickeln von dieser Basis aus einen durchaus eigenständigen, vielschichtigen Sound, irgendwo zwischen Progmetal-Frickelei, typischem Symphonik-Bombast und atmosphärischem Progressive Rock moderner Ausprägung. Instrumentale Kunststücke stehen immer im Dienste des Songs und wirken nicht lieblos eingefügt, womit FOUNTAIN OF YOUTH automatisch in die Menge der besseren Prog-Bands rutschen. Was bisher keine Erwähnung gefunden hat: Ihre bereits zweite EP „Blind Faith“ spielten die Akteure im Alter von nur 18 bzw. 19 Jahren ein. Wer jetzt hier lieblos hingerotzten Garagensound erwartet, wird ebenso eines besseren belehrt: Das gut 25-minütige Scheibchen wurde professionell von Stefan Glass (der sich auch für die deutschen Progmetaller Vanden Plas verantwortlich zeichnet) produziert, gemischt und gemastert. Somit erklingen die vier Tracks, die jeweils eine Spielzeit zwischen fünf bis sieben Minuten aufweisen, in einem absolut edlen und vorzeigbaren Sound.
Aber wie klingen FOUNTAIN OF YOUTH denn nun? Den groben Rahmen habe ich ja oben schon umrissen – hinzu kommt, dass die Band vom Gesamtsound, aber auch Sänger Joschka Metzinger im Speziellen, an Sylvan und Poverty’s No Crime bzw. deren Sänger Marco Glühmann und Volker Walsemann erinnert. Die Halbballade „Wake Of The Dead“ könnte ohne weiteres als eines der Highlights auf dem letzten Poverty’s No Crime-Album stehen. An anderer Stelle habe ich auch schon Vergleiche mit Rage gelesen, die ich aber nicht so wirklich nachvollziehen kann. Ein großer Pluspunkt der Band ist ihre stilistische Bandbreite und sichere Soundwahl. Insbesondere Keyboarder Johannes Helsberg weiß mit einer geschmackvollen Synthi-Wahl aufzufallen, bereits im knackigen, catchigen Opener „Back From Reality“ setzt er dezent Akzente, ohne die der Song sehr viel an Wirkung verlieren würde. Ebenso sind seine fast New-Age-artigen Soundscapes in „Wake Of The Dead“ sehr hörenswert. Auch bombastische, aber unkitschige Orchestersounds, Pianoklänge und Soli gehören zu seinem Repertoire. Der Bass ist jederzeit sehr gut im Mix zu hören und steuert auch das ein oder andere groovige Motiv bei. Die Gitarrenriffs von Joschka Metzinger (der ja auch singt!) sind griffig, mitreißend und wohl der Hauptgrund, warum Assoziationen zu Dream Theater aufkommen. Hört man „Inner Genius“, kann man aber sicherlich genauso gut an die kanadischen MelodicProgger Saga denken. Auch die Schlagzeugarbeit weiß durchgehend zu überzeugen, Sandro Metzinger spielt variantenreich, druckvoll und präzise. Natürlich gibt es auch Punkte, die noch verbesserungswürdig erscheinen: So ist die Stimme von Joschka für sich genommen sicherlich klasse, meiner Ansicht nach presst er aber noch zu viel beim Singen, es klingt zu bemüht. Aber ich habe schon haufenweise schlechtere Rocksänger auf bekannteren Platten gehört.
Fakt ist, dass die vier jungen Musiker mit „Blind Faith“ ein absolut ausgezeichnetes, fettes Ausrufezeichen gesetzt haben! Im Prinzip gibt es hier vier Songs, die zu keiner Zeit echte Mängel aufweisen – um es auf den Punkt zu bringen: Ich habe nie ein besseres Prog-Demo aus deutschen Landen gehört, erst recht nicht von so „blutjungen“ Musikern. Ich hoffe sehr, dass sie weiter Musik machen werden und auch bei einem Label unterkommen. Solche Musik darf, kann und wird nicht untergehen. Ein volles Album dieser Qualität wäre mir ohne Frage 8.5 Punkte wert. Da kommt noch Großes auf uns zu! Kaufen, sofort!
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