Über 50 Jahre nach seiner unheiligen Geburt durch Bands wie Coven und Black Sabbath ist der Metal längst im Musik-Mainstream angekommen. Während Avenged Sevenfold, Volbeat und Co bereits für ihre Boomer-Tauglichkeit belächelt werden, arbeiten Kunstschaffende im Untergrund weiterhin eifrig daran, klangliche Konventionen zu überwinden und zu brechen. Dass FORLESEN zu letzterer Gruppe zählen, ist offensichtlich: Mit Lotus Thief, Botanist, Kayo Dot und maudlin of the Well haben die Bandmitglieder schon vor ihrer Zusammenkunft in FORLESEN Bemerkenswertes geschaffen und bereits ihr Debüt „Hierophant Violent“ (2020) war mit seinen zwei 18 Minuten langen Epen ein imposantes Werk. Es versteht sich von selbst, dass auch der Nachfolger „Black Terrain“ mit Easy-Listening in etwa so viel gemein hat wie ein Mayhem-Konzert mit einem sonntäglichen Kirchenbesuch.
Wie schwer zugänglich „Black Terrain“ ist, zeigt sich gleich zu Beginn. Auf die anfänglichen Ambient-Sounds im Opener „Strega“ folgt ein surrendes Noise-Getöse, das wie ein bedrohlicher Insektenschwarm klingt, ehe nach einiger Zeit schließlich eine schleppende Doom-Metal-Instrumentierung einsetzt. Es wird nicht das einzige Mal bleiben, dass FORLESEN im Zuge der Platte mit betäubender Monotonie und harscher Akustik die Grenzen dessen, was noch als Musik bezeichnet werden kann, ankratzen. Besonders spannend oder interessant sind diese Passagen wie etwa das blasse Rauschen, das sich im Titeltrack minutenlang hinzieht, indes leider nicht.
Auch ist nicht alles auf „Black Terrain“ so experimentell, wie es eingangs erscheinen mag. So bricht „Harrowed Earth“ zwar mit der Macht einer Naturgewalt über die Lauschenden herein, über weite Strecken gestaltet sich das Stück jedoch als gewöhnliche (und stellenweise hölzern eingespielte) Black-/Doom-Metal-Nummer. Dass so viele Versuche der Band im Zuge der Platte fehlgehen oder sich als mäßig aufregend herausstellen, ist insofern bedauerlich, als FORLESEN an manchen Stellen durchaus ihrem Renommee gerecht werden. Nach seiner mühsamen Einleitung baut „Strega“ sich zum Beispiel im späteren Verlauf langsam mit stimmungsvoll reduzierten Gitarren und Drums sowie Bezaeliths verheißungsvollem Gesang zu einem monumentalen, erhabenen Höhepunkt auf.
Die bedeutungsschweren Vocals, die teils von betrüblichen Chören und intensiven Screams begleitet oder abgelöst werden, sind generell eine große Stärke der Platte. Anders verhält es sich bedauerlicherweise mit dem viel zu unscharfen, unausgewogenen Sound – ein merkwürdiger Umstand, hat Produzent Jack Shirley doch bereits zahlreichen Alben namhafter Bands wie Deafheaven oder Wiegedood zu einem wesentlich schlüssigeren Klang verholfen.
In „Black Terrain“ stecken zweifellos große Ambitionen einer Gruppe begabter Musiker*innen. Das Endprodukt bleibt jedoch hinter dem Großteil dessen zurück, was die Beteiligten in ihren sonstigen Projekten bereits zustande gebracht haben: FORLESEN fehlt auf ihrer zweiten Veröffentlichung nicht nur der vielschichtige, runde Sound, mit dem Lotus Thief stets aufgewartet haben, sondern auch der radikale Wagemut von Botanist und die trotz aller Freigeistigkeit nie abhanden gekommene Zielsicherheit im Songwriting von Kayo Dot. Selbst den geduldigsten Drone-Fans ist „Black Terrain“ also nur mit einigen Vorbehalten zu empfehlen.
Wertung: 5 / 10