Review Foo Fighters – But Here We Are

  • Label: RCA
  • Veröffentlicht: 2023
  • Spielart: Rock

Vor etwas mehr als einem Jahr starb mit Taylor Hawkins eine der größten Ikonen der modernen Rockmusik. Seit 1997 Teil der FOO FIGHTERS, war Hawkins auch mit eigenen Projekten wie den Coattail Riders oder The Birds Of Satan unterwegs und schon lange nicht mehr nur Schlagzeuger, sondern auch Songschreiber und Sänger. Am bekanntesten ist und bleibt er aber natürlich für seine Rolle als Drummer bei den FOO FIGHTERS, die er mit seinem Spiel entscheidend mitprägte. Nach seinem Tod veranstalteten die verbliebenen Bandmitglieder gemeinsam mit dem Who-is-Who der internationalen Musikszene bombastische Tribute-Konzerte, danach Stille. Frontmann Dave Grohl verlor im letzten Jahr auch noch seine Mutter, wo sollte also die Motivation für eine Weiterführung der Band herkommen?

Doch dann die Überraschung, die FOO FIGHTERS kündigen mit „But Here We Are“ ein neues Album an und geben mit John Freese einen neuen Live-Schlagzeuger bekannt. Während ein Teil der Fans aufgrund des Timings der Ankündigungen irritiert bis skeptisch reagierte, zeigte sich ein Großteil erleichtert über die Entscheidung weiterzumachen. Doch was soll man von einem Album so kurz nach dem Tod eines Band-, nein, eigentlich eher Familienmitglieds erwarten? Eine Scheibe voller Balladen? Nicht mit den FOO FIGHTERS, die servieren mit „But Here We Are“ einen kreativen, wütenden, verletzlichen und sehr emotionalen Brocken Musik, der schon jetzt zu den Highlights ihrer Diskografie zählen dürfte.

Das Opening-Duo „Rescued“ und „Under You“ klingt beim ersten Hören wie typische FOO-FIGHTERS-Nummern, offenbart mit den störrischen Riffs, treibenden Drums und vor allem den emotional wuchtigen Texten neue bzw. lange nicht mehr gehörte Seiten der Band. Denn so ungestüm klangen die FOOs zuletzt zu Beginn ihrer Karriere. Dieses ungestüme Songwriting könnte man fast schon als trotzig bezeichnen, so als wollte die Band sich und der Welt deutlichmachen, dass sie trotz allem immer noch da sind und es weitergehen soll und muss. In seiner Intensität trifft der Titelsong dann aber doch recht unerwartet tief in die Magengrube. Vom Songwriting her ungewohnt komplex und irgendwo zwischen Retro-Prog und Queen-hafter Melodik, verdient vor allem der Refrain wirklich die Bezeichnung kathartisch. Dave Grohl schreit sich all die Wut, den Schmerz und die Verzweiflung von der Seele und gibt „But Here We Are“ damit wohl eine der intensivsten Hooks der jüngeren Rock-Geschichte. Auch „The Teacher“ schlägt in dieselbe Kerbe, richtet sich aber eher an Grohls Mutter, die als Lehrerin arbeitete. Mit über zehn Minuten der bisher längste Song der FOO FIGHTERS, wandelt sich das Stück vom psychedelischen Rock über ein ruhiges Mittelstück hin zum wüsten Noise-Rock und fast schon manisch wiederholt gebrüllten „Goodbye“s.

Die FOO FIGHTERS können auf „But Here We Are“ aber nicht nur wütend und rotzig, sondern geben auch ruhigeren Tönen ausreichend Raum: „Beyond Me“ ist eine starke Power-Ballade und für „Show Me How“ konnte Grohl seine Tochter Violet als Gastsängerin gewinnen. Mit ihrer Stimme sorgt sie für einige Gänsehautmomente in einem an Gänsehautmomenten ohnehin nicht armen Album. Denn wenn Grohl im finalen „Rest“ die Zeilen „You can rest now / Rest / You will be safe now“ intoniert, kullern mehr als nur ein oder zwei Tränen die Wange herunter, bevor sich der Song im Finale noch ein letztes Mal mit krachenden Riffs aufbäumt und damit einen außergewöhnlichen Langspieler beendet.

„But Here We Are“ ist das wohl bislang intensivste und ehrlichste Album im Schaffen der FOO FIGHTERS. So makaber es klingt, aber der Verlust von Taylor Hawkins und die Tragödie im Privatleben von Dave Grohl scheinen die Kreativität der Truppe massiv befeuert zu haben. Vergessen sind belanglose Machwerke wie „Sonic Highways“ oder „Concrete & Gold“ und trotz allem macht sich Erleichterung breit, dass die FOO FIGHTERS nicht aufhören, sondern ihre Emotionen in hervorragende Musik verwandeln. Auch wenn es abgeschmackt klingt, zeigt sich hier doch wieder, dass schwere Zeiten große Kunst hervorbringen können.

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Wertung: 9.5 / 10

Publiziert am von Juan Esteban

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