Nach dem hervorragenden Debüt „Black Noise“ und dem experimentellen Nachfolger „Direct To Disc“ legten die kanadischen Progrocker FM mit „Surveillance“ 1979 ihr drittes Album vor, das es nun erstmals auf CD gibt. Leider kann die Band das hohe Niveau der Vorgänger hier nicht halten. Der charakteristische Sci-Fi-Sound der Combo – ohne Gitarre, dafür mit verzerrter Mandoline, Violine und Synthies – ist zwar nach wie vor erkennbar; kompositorisch hat sich die Band aber ein großes Stück in Richtung Melodic- und Classic Rock bewegt. Diese Tatsache allein wäre ja nichts, was man beanstanden müsste. Doch AOR lebt bekanntlich von guten (Gesangs-)Melodien, und genau hier liegt die Schwäche von „Surveillance“. Der Opener „Rocket Roll“ ist dafür ein gutes Beispiel: Das Mainriff und die Strophen sind durchaus ansprechend, die banalen Refrains mit den sich ständig wiederholenden Textzeilen „Sci-Fi-Rock, Rocket Roll“ aber absolut nervtötend. Gleiches gilt für das Yardbirds-Cover „Shapes Of Things“, das gesanglich so eintönig ist, dass man meinen könnte, die Platte hätte einen Sprung.
Etwas besser wird es mit den Tracks 2, 3 und 4, die ineinander übergehen und so den Eindruck eines kleinen Mini-Epics erwecken: Auf die kurze instrumentale Einleitung „Orion“ folgt das getragene „Horizons“, ehe das etwas flottere „Random Harvest“ das Triple gelungen abschließt und vor allem mit einem schönen Refrain auftrumpfen kann. Die Qualität der beiden Vorgänger wird aber trotz allem nie erreicht.
Die zweite Hälfte der Platte ist allerdings klar die stärkere und auch die deutlich progressivere: „Seventh Heaven“ lässt mit traumhaften Gesangsarrangements und Synthesizerleads Erinnerungen an das fantastische Debüt wach werden. Hier haben FM eine wunderbare Symbiose ihres alten und neuen Sounds geschaffen. Die Ballade „Father Time“ ist gesanglich vielleicht etwas arg süßlich geraten, weiß dafür aber mit schönen Violinen-Parts zu gefallen.
Die beiden Highlights haben sich FM allerdings wieder einmal bis zum Schluss aufgehoben: Das Instrumental „Sofa Back“ ist die komplexeste und progressivste Nummer der Platte, die so auch neben Instrumentals wie „Hours“ von „Black Noise“ stehen könnte. Der Abschlusstrack „Destruction“ ist mit sechs Minuten nicht nur der längste der neun Tracks, sondern auch der beste: Dynamisch, treibend und episch. Etwa zwei Minuten nach dem energiegeladenen Beginn erwartet den Hörer ein absolut Gänsehaut erregendes Synthesizersolo. Diese Momente sind es, in denen man merkt, wie viel Potenzial FM auf „Surveillance“ einfach – und vermutlich absichtlich – verschenkt haben.
Das Album ist ein gutes Beispiel dafür, was passiert, wenn eine Band sich zu sehr vom Massenmarkt und Mainstream diktieren lässt. FM verbiegen sich, um einfachere und kürzere Kompositionen zu schreiben, die auf Airplay schielen. Doch statt Ohrwürmern kommen dabei allzu oft Nervensägen raus. Auf „Surveillance“ stehen Licht und Schatten direkt nebeneinander: Die ersten fünf Tracks sind netter Durchschnitt, die zweite Hälfte hingegen gutes bis sehr gutes Material, das die Stärken der Band in den Vordergrund stellt und viel Spaß macht.
Wertung: 7 / 10