Reunions sind eine schwierige Sache, da neben dem vermeintlich legendären Namen oft höchstens ein Originalmitglied übrig ist. Auch im Falle der U.S.-Metaller FIFTH ANGEL drängt sich dieser Verdacht zunächst auf, doch nichts dergleichen: Knapp 30 Jahre nach ihrer letzten Platte kommt die Truppe in einer Besetzung wieder zusammen, die zu drei Vierteln bereits auf dem ersten Album zu hören war und selbst der Vierte im Bunde war spätestens ab dem Zweitwerk „Time Will Tell“ mit von der Partie. Kurz: FIFTH ANGEL haben in ihrer aktuellen Besetzung alles Recht der Welt, den Bandnamen zu reaktivieren, weshalb „The Third Secret“ als waschechtes Comeback-Album gesehen werden muss.
Während man „The Third Secret“ die Authentizität dank der beteiligten Musiker kaum absprechen kann, ist FIFTH ANGEL leider doch kein Album gelungen, das an ihre ersten beiden Erfolge anknüpfen kann – jedenfalls nicht nahtlos. 2018 sind die Ostküsten-Metaller hörbar bestrebt, den Mittelweg aus ihrem klassischen Sound und moderner Härte zu beschreiten. Das funktioniert, allerdings nicht immer so gut, wie die Band es sich gewünscht hat: Schon ab dem Opener „Stars Are Falling“ fällt auf, dass FIFTH ANGEL auf „The Third Secret“ härter und düsterer auftreten, was für sich genommen durchaus funktioniert, aber kaum dem Sound entspricht, den Fans von Alben wie „Time Will Tell“ kennen – genau daran wird die Band nach ihrer Rückkehr aber zwangsläufig gemessen werden.
Somit sind Songs wie das verheißungsvoll stampfende „Queen Of Thieves“ oder auch der Titeltack sowie die Power Ballade „Fatima“ keinesfalls schlechte, sondern sogar ziemlich anständige U.S. Metal-Songs, die sich allerdings kaum von anderen Genre-Vertretern abheben. Und genau hier liegt der Hund begraben, denn FIFTH ANGEL konnten sich Mitte der 80er einen Namen machen, weil sie eben einen ganz eigenen, magischen Sound hatten. Eben diese Magie fehlt auf „The Third Secret“, weshalb auch ein vielschichtiges Epos wie „Can You Hear Me“ – wie eben auch die übrigen Songs auf dieser Platte – trotz handwerklicher Qualität nicht so recht mituzreißen vermag. Dass FIFTH ANGEL auf ihrer Comeback-Platte nicht imstande sind, das „gewisse Etwas“ ihrer Anfangstage zu reproduzieren, mag einerseits dem fortgeschrittenen Dienstalter sowie der langen Abwesenheit der Formation geschuldet sein, es liegt jedoch bestimmt auch am Fehlen von Originalsänger Ted Pilot.
Während Kendall Bechtel hier sicherlich eine achtbare Leistung abliefert, trägt doch auch sein vergleichsweise aggressiverer Stil zur stilistischen Kurskorrektur der Band bei und obendrein scheint der Mann bei allem Elan hin und wieder an seine Grenzen zu stoßen. Das ist verzeihlich und sein Gesang funktioniert, allerdings war die kraftvolle und doch anschmiegsame Stimme von Ted Pilot einer der Grundpfeiler des einzigartigen Sounds von FIFTH ANGEL und sie wird hier schmerzlich vermisst. Dennoch ist auf „The Third Secret“ natürlich nicht alles verloren, denn hier finden sich noch immer allerhand saustarke U.S. Metal-Riffs der alten Schule und in den rundum gelungenen Songs „Dust To Dust“, „This Is War“ und dem wahrlich Gänsehaut-verdächtigen Rausschmeißer „Hearts Of Stone“ kommt die Band tatsächlich verflucht nahe an ihren Original-Sound und schafft es, ihre Hörerschafft mitzureißen – verpackt in die durchweg gelungene, fette Produktion von „The Third Secret“ zeigt sich hier, was aus der FIFTH ANGEL-Reunion noch alles werden kann.
Ja, die FIFTH ANGEL-Reunion hat ihre Berechtigung, allerdings scheint es, als sei „The Third Secret“ ein bisschen zu früh erschienen: Gitarrist Ed Archer ist vor kurzem doch noch zur Band zurückgekehrt und so hätte mit etwas Geduld noch ein weiteres Ur-Mitglied am Songwriting beteiligt weren können – vielleicht hätte dann ja auch Zahnarzt Ted Pilot noch Interesse an einer Zusammenarbeit gehabt. Tja, hätte, hätte, Fahrradkette… Fakt ist, dass FIFTH ANGEL mit „The Third Secret“ ein anständiges, aber eben kein umwerfendes Comeback-Album vorlegen, das zu keiner Zeit mit den stilbildenden Platten der Formation mithalten kann, in seinen besten Momenten aber immerhin in schönen Erinnerungen schwelgen lässt.
Wertung: 6.5 / 10