Eine Band, die sich ursprünglich zusammenfand, da sie noch kein Weihnachtsgeschenk für ihre Freunde hatte, ihre heutige Bekanntheit größtenteils über ein allseits bekanntes Videoportal erreichte und bisher drei Alben vorweisen kann. Diese Fakten klingen wahllos zusammengestellt, treffen aber allesamt auf FEWJAR zu. Mit „Until“ steht jetzt der vierte Longplayer in den Startlöchern.
Grundsätzlich nennt das Duo seinen Stil selbst Polygenre, was ein Übergriff für vielschichtige Genres darstellen soll, die sich jedoch meistens an Popmusik orientieren. So startet das Album mit einem sehr eingängigen „Gemini“, das nah an der Kitschgrenze des Synth-Pops der Marke Pet Shop Boys entlang wandert. Jedoch wissen Jakob Joiko und Felix Denzer anscheinend um diesen Faktor und präsentieren direkt im Anschluss ein unerwartet bedrückendes Electro-Pop-Ungetüm, das fast ohne Gesang auskommt und durch die Synthesizer-Melodien eine bedrohliche Atmosphäre aufbaut. Zum Abschluss gibt es akustische Gitarren und düstere Vocals. Gerade durch die gebotene Abwechslung glänzen FEWJAR deutlich. Mal erinnern sie an Polarkreis 18 („Lo“), wandeln auf den Pfaden des Electro-Projekts Schiller inklusive indianisch-anmutenden Hintergrundchören („Will You“) oder bilden eine Basis aus Streicherklängen und breit angelegten Klangteppichen („Then“).
Der Gesang von Jakob Joiko fasziniert über weite Strecken mit Fragilität und kühler Hoffnungslosigkeit, kann aber auch im gesprochenen Gewand oder sehr kraftvoll seine Wirkung entfalten. Weil dies anscheinend noch nicht genug für die beiden Musiker ist, haben sie sich gleich mehrere Gäste ins Boot geholt, die allesamt über Youtube, Twitter oder andere soziale Medien einen gewissen Bekanntheitsgrad erreichen konnten. Zu diesen Namen zählen Marti Fischer („Lo“), besser bekannt als theclavinover, Andre Moghimi oder die Italienerin Camilla Fascina (beide „In Between Parabels“). Singer-Songwriter Michael Schulte, der 2012 den dritten Platz von The Voice Of Germany belegte, darf sogar gleich zwei Songs mit seiner intensiven Stimme veredeln („Indigo“, „Carmine“). Beide Titel gehören zu den besten Stücken des Longplayers, da sie die emotionale Ebene auf ein neues Level heben. Die Qualität der 14 Songs ist durchgängig hoch und schafft es die Intensität gekonnt zu unterstreichen.
FEWJAR sind durchaus ein kleines Phänomen. Zwei Musiker machten sich auf, ihren Freunden eine Freude zu bereiten, werden durch Internetvideos stetig bekannter und legen mit ihrem vierten Werk „Until“ ein ausgefeiltes und -gereiftes Album vor, das zwischen Indie, Pop, Electro und melancholischen Post-Rock-Elementen ein herbstliches Musikprodukt der besonderen Klasse darstellt. Wer also den musikalischen Output der bereits erwähnten Polarkreis 18 vermisst oder Bands wie Depeche Mode etwas abgewinnen kann, der wird hier vielfach belohnt.
Wertung: 8.5 / 10