Review Fear Factory – Archetype

Ziemlich genau drei Jahre nach Erscheinen des letzten regulären Fear Factory-Albums erscheint mit „Archetype“ der neueste Streich der Amis. Doch dass es etwas Neues von der Band gibt ist gar nicht so selbstverständlich, denn nach der Tour zu „Digimortal“ verliess Burton C. Bell seine Mitstreiter, und somit war Fear Factory fürs erste auf Eis gelegt. Nach diversen Streiteren mit Dino Cazares, der Hauptgrund für den Split war, nahmen Christian und Raymond allerdings die Arbeit an neuen Songs wieder auf. Kurz darauf war dann auch Burton wieder mit von der Partie und mit der Angstfabrik konnte es weiter gehen. Christian übernahm kurzerhand den Platz des geschassten Schwergewichts an der Gitarre und nach den Aufnahmen stiess Byron Stroud (u.a. Strapping Young Lad, Zimmers Hole) dazu, der den Tieftöner übernommen hat.
Da „Digimortal“ jedoch nur mässig bei den Fans ankam, hatte so mancher berechtigte Zweifel ob eine Weiterführung überhaupt nötig ist, oder befürchtete dass sich Fear Factory sogar selber demontieren. Dies ist, soviel kann ich vorneweg sagen, nicht der Fall. Ganz im Gegenteil, denn die Vier knattern durch die Boxen wie schon lange nicht mehr.

„Archetype“ beginnt ohne jegliches Intro mit „Slave Labor“, einem Midtempo-Banger der sofort in die Vollen geht und gleich zeigt dass die Jungs nichts verlernt haben. In einer gewissen Weise erinnert er mich sogar an „Demanufacture“, welches ähnlich aggressiv und kompakt daherkommt und zudem einen, nur zum Teil, melodischen Refrain beinhaltet. Präzises Stakkato-Riffing mit Raymonds unverwechselbarer getriggerter Double Bass unterlegt, machen klar dass es sich hier nur um eine Band handeln kann. Noch rabiater als in diesem Stück geht’s im darauffolgenden „Cyberwaste“ zur Sache, welches mit einem von Burton herzhaft rausgebrüllten ‘Nothing, you say, matters to us!’ anfängt. Hier packen sie dann endgültig den Hammer aus und werfen dem Hörer Krachbrocken um die Ohren, die in dieser Form auch auf „Soul Of A New Machine“ hätten stehen können. In diesem Song gibt es absolut nichts melodisches oder gar einen Gute Laune-Refrain. Dass sie dieses Lied als erste Single ausgewählt wurde, spricht für sich. An dritter Stelle folgt dann „Act Of God“ was einem sofort dermassen die Hörgänge freibläst dass einem Angst und Bange wird. Christian und Raymond schaffen es, durch präzise Bearbeitung ihrer Instrumente, einen Soundteppich zu kreieren der sich anhört wie ein feuerndes Maschinengewehr. Durch Burtons Gebrülle wird das ganze noch tödlicher und liefert jedem Metalfan einen Song für die Ewigkeit. Der Refrain kann zwar nicht ganz die Qualität der Strophen halten, zeigt aber endlich mal wieder wieso Fear Factory eine Industrial-Band sind. Textlich geht es um den Krieg in Gottesnamen und dazu passen die Maschinengewehrriffs natürlich auch wunderbar.

„Drones“ ist eine Anlehnung an „Replica“ denn hier wurde im Refrain ganz klar das Riff von besagtem Song geklaut. Trotzdem kopiert sich die Band natürlich nicht selbst, sondern schafft ein geiles Groovemonster das auch gegenüber den vorherigen Liedern bestehen kann und zudem erstmals einen schönen melodischen Refrain von Burt beinhaltet. Den Titeltrack kann man getrost als Hit bezeichnen der selbst Linkin Park-Fans auf die Tanzfläche ziehen würde. Der Chorus ist so catchy dass es fast schon wieder weh tut. Die Strophen und Bridge verleihen dem Stück trotzdem noch die nötige Härte für einen Metalsong und Rays Doubel Bass ist auch omnipräsent. Somit brauchen sich auch nicht die truesten unter den Fear Factory-Hörern nicht zu schämen wenn sie diesen Ohrwurm geniessen. „Corporate Cloning“ fängt ähnlich wie „Act Of God“ an, ist aber weitaus weniger brutal. Burtons Vocals kommen erst ziemlich schwachbrüstig daher, wandeln sich dann aber in sein typisches Gebrülle bis es in einem melodischen Refrain mündet. Insgesamt ein gutes, überzeugendes Lied. „Bite The Hand That Bleeds“ erinnert mich sehr an „Invisible Wounds (Dark Bodies)“ vom letzten Album, allerdings ohne den aggressiven Mittelteil. Dieses schöne und sehr relaxte Stück kann man an Angelpunkt der Scheibe sehen und bringt die nötige Verschnaufpause um die letzten Runden zu überstehen.

Dabei ist das darauffolgende „Undercurrent“, in meinen Ohren der schwächste Song von „Archetype“. Harte Strophen und wie immer ein harmonischer Refrain sind zwar zu finden, können aber nicht vollends überzeugen. Das kann schon eher „Default Judgment“, da Christian hier ein saucooles Riff runterzockt das mich etwas an Korn erinnert, aber wie immer an den Fear Factory-Stil angepasst wurde. Ausserdem schafft Burton wie immer auf der ganzen Linie zuüberzeugen. „Bonescraper“ ist ein kleiner Hassklumpen geworden, denn hier verzichtet Herr Bell ganz auf seine melodischen Vocals und wie Raymond sein Schlagzeug bearbeitet ist unmenschlich geil. Ich bin immer wieder sprachlos wenn ich ihn spielen höre. „Human Shields“ ist fast das komplette Gegenstück. Hier geht’s noch langsamer und harmonischer zur Sache als bei „Bite The Hand That Bleeds“. Lyrisch ist der Song ein klares Antikriegs-Statement und kann ebenso auf instrumentaler Ebene und durch den wunderschönen Refrain begeistern. Mit „Ascension“ wird das Thema dann weitergeführt driftet aber in sphärige Ambient-Gefilde ab und könnte genausogut von Burtons Nebenprojekt Ascension Of The Watchers stammen. Das abschliessende „School“ ist ein Nirvana-Cover das in das typischen Fear Factory-Gewand gesteckt wurde. Ganz klar ist mir nicht warum sie dieses Stück auf das Album gesetzt haben, da sich das vorherige Lied sehr gut als Outro gemacht hätte.

Nach einer knappen Stunde Musik endet „Archetype“ und man ist sich sofort sicher dass diese Scheibe nach „Demanufacture“ oder spätestens nach „Obsolete“ hätte erscheinen sollen. Es ist einfach die Angstfabrik wie man sie kennt und liebt, denn man bekommt genau das geboten, wofür man sie schätzen gelernt hat. Die Produktion haben die Jungs gleich selbst übernommen und sie ist erstklassig geworden, genauso wie das Artwork und das obligatorische neue Logo. Zudem spielt Raymond wie junger Gott, Burton zeigt eine super Gesangsleistung und Christian hat die übergrossen Fussstapfen eines Dino Cazares mehr als nur zufriedenstellend ausgefüllt. Es bleibt abschliessend zu sagen dass man die Amis (bzw. Belgier) für ihre harte Arbeit belohnen und sich dieses Stück Musik umgehend besorgen sollte.

Wertung: 9 / 10

Geschrieben am 5. April 2013 von Metal1.info

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