„The Earth Is Not A Cold Dead Place“ steht auf dem Cover des 2003er Albums der texanischen Post-Rocker EXPLOSIONS IN THE SKY. Es erinnert mich daran, als würde jemand einfach nicht mehr daran glauben, dass dieser Satz wahr sein kann, weshalb er ihn einfach so oft auf das Albumcover geschrieben hat, wie es nur ging, in der Hoffnung, dass er sich davon selbst überzeugen könnte. Ob es gelingt ist fraglich, da die Welt immer kälter zu werden scheint für viele, weshalb ein Album wie dieses in meinen Augen fast unverzichtbar ist. Warum? Weil zu viele Menschen „verlernt haben“ zu träumen.
Ein heller Ton und ein kurz danach einsetzendes dumpfes Pumpen symbolisieren die ersten Herzschläge dieses Albums, nach dem Erwachen aus dem Koma, wie der Titel des ersten Stückes ins Deutsche übersetzt lautet. Langsam öffnen sich die Augen in Form einer Stück für Stück dichter werdenden Gitarrenmelodie, die sich drei Minuten lang immer mehr verdichtet. Vom Anfangs noch zaghaften Augenöffnen, bei dem das Licht noch schmerzt, bis hin zum regelrechten Aufsaugen der Eindrücke, obwohl man trotzdem noch den Standpunkt nicht verändert hat. Zwei Gitarren, ein Bass und ein Schlagzeug zaubern eine fröhliche, zuversichtliche Atmosphäre, wobei fröhlich hier relativ ist. Es ist zu keiner Zeit übertrieben, sondern sehr dezent ausgedrückt und trotzdem voll mit einer positiven Grundstimmung, die zur Mitte hin doch leicht gedämpft wird, was sich gegen Ende hin auch nur sehr langsam auflöst. Genauso wie eben auch im Leben vieles eher grau und trist ist und sich nur sehr langsam auflöst und man sich umso mehr nach Geborgenheit sehnt. Diese infantile Geborgenheit die man als Kind hatte, die einfach da war, für die man nichts tun musste und auf die man sich verlassen konnte.
„The Only Moment We Were Alone“ ist nicht nur der Titel, der mich zum Post-Rock „gelockt“ hat, sondern für mich immer noch der schönste von EXPLOSIONS IN THE SKY. Die schon angesprochene positive Grundstimmung in Form leicht bewegter Flächen und beruhigenden Drums trifft auf träumerische Leichtigkeit. Nach drei Minuten entfaltet sich langsam eine wunderschöne Gitarrenmelodie, die von nun an immer weiter ausgebaut wird. Die Sehnsucht danach sich einfach fallen lassen zu können, sich auszubreiten und den Himmel über sich zu betrachten. „The Only Moment We Were Alone“ ist ein klarer Frühlingstag mit leichten Wind, der das Gras bewegt, strahlendblauen Himmel sowie den Duft von frischen Gräsen (Alle Allergiker mögen mir verzeihen). Eine Stimmung, die für immer so bleiben sollte, die nie vergehen soll und doch schaffen es die Texaner den Titel weiter zu steigern, was den Blick schweifen lässt. Er schwillt immer mehr an um nach einer ganz kurzen Stille regelrecht zu explodieren. Hält man es zuerst nicht für möglich so wirkt es doch trotz der Zerstörung der Frühlingsstimmung befreiend und wohltuend. So viel „Aufregung“ benötigt fast schon wieder Erholung, die mit dem skeptisch wirkenden „Six Days At The Bottom Of The Ocean“ danach gegeben ist. „Memorial“ ist deutlich beschwingter, doch trotzdem weit weniger positiv als die ersten beiden Titel. Hier arbeiten die Texaner mit einigen Dissonanzen, was sich vor allem am Ende – allerdings erst nach mehrmaligem Hinhören – sehr interessant darstellt, als man erneut ausbricht.
So verstört und sehnend nach Harmonie wird der Hörer dank des abschließenden „Your Hand In Mine“ nicht gelassen. Zwar erinnert es mich vor allem auf Grund der Anfangs vorherrschenden von der Gitarre gespielten Melodie stark an „The Only Moment We Were Alone“, doch sind beide Stücke nur entfernt vergleichbar. Beide drücken sie Geborgenheit aus, wohl auch die Nähe zu der ganz besonderen Person, ohne die das Leben weniger lebenswert wäre, jedoch ist „Your Hand In Mine“ eine Spur behutsamer nach meinem Gefühl. Das kann aber von Hörer zu Hörer durchaus variieren.
EXPLOSIONS IN THE SKY haben mit „The Earth Is Not A Cold Dead Place“ ein vor allem im Vergleich zum aktuellen Album „All Of A Sudden You Miss Everyone“ noch deutlich ruhigeres Album geschrieben, was trotzdem nicht weniger interessant ist. Welches der beiden mir nun besser gefällt variiert fast ständig. Es ist wohl von der jeweiligen Stimmung abhängig. Die musikalische Klasse im kreieren unendlicher Klangstrukturen mit einer an sich unscheinbaren Besetzung ist nicht abzustreiten. Hierzu wird auch kein Gesang benötigt, denn diesen fügt schlicht und einfach die Fantasie des Hörers hinzu.
Wertung: 9 / 10