Anfang der Neunzigerjahre suchten die US-Amerikaner EXHORDER die Metalszene wie ein Poltergeist heim: Innerhalb von gut zwei Jahren hauten die vier Herren aus New Orleans zwei Alben raus, die man selbst heute wohl noch zum Besten und Aggressivsten zählen darf, was die Thrash-Szene so hervorgebracht hat, bevor sie dann urplötzlich von der Bildfläche verschwanden. Kurz nach der Jahrtausendwende spielten sie einige Reunion-Gigs, bevor sie sich dann in diesem Jahr endgültig wieder zusammenfanden und nun an neuem Material arbeiten. Passend zum Anlass haben die Herrschaften bei Metal Mind mit freundlicher Genehmigung von Roadrunner die beiden Alben „Slaughter in the Vatican“ und „The Law“ wieder ausgegraben, aufgefrischt und neu veröffentlicht.
Hier soll es nun um ersteres Album gehen. Als erstes fällt das damals wie heute kongeniale Cover ins Auge: In hübsch gezeichneter Aufmachung wird der Papst aus dem Petersdom hinaus auf den Petersplatz zum Galgen geführt, hindurch zwischen Wandgemälden, die mit zielsicherer Geschmacklosigkeit die Liedtitel „Anal Lust“ und „Homicide“ illustrieren, Fresken an den Wänden zeigen Dollarzeichen – wohin die Texte zielen, dürfte klar sein. Es geht auf jeden Fall nicht gerade friedlich zu, die Zeilen zu „Anal Lust“ wurden mit der Bemerkung „Sorry Lyrics too brutal to print!!! Figure it out“ nicht einmal abgedruckt. Kleine Anmerkung am Rande: Neben den obligatorischen „Thanks“ und „Special Thanks“ im Booklet gibt es auch eine „Fuck you“-Kategorie gefüllt mit Menschen, die EXHORDER auf die Nüsse gehen. Gleiches Recht für alle!
Dementsprechend geht es dann auch musikalisch zu. Ohne Pause, ohne Rücksicht und ohne Gnade werden hier sämtliche Instrumente und die Stimmbänder von Keifer Kyle Thomas geschunden und dabei eine Aggressivität erzeugt, die sich hinter kaum einem musikalischen Erzeugnis aus der Thrash-Ecke zu verstecken braucht. Über den größten Teil der 40 Minuten, die „Slaughter in the Vatican“ auf die Ohren eindringt, wird ein genickbrechendes Tempo gehalten, das Blastbeats und trommelfellaufspießende, schallmauerdurchbrechende Riffs im Übermaß beherbergt; hört dies dann einmal auf, wird mustergültig gegroovt – hieran nahmen sich etwas später Größen wie Pantera und Machine Head ein Beispiel. Thomas schreit nicht nervenzerreibend, wie es heute in diversen *core-Kreisen Mode ist, sondern keift seinen Zorn über die Kirche höchst überzeugend hinaus.
Eigentlich dürfte bei der hier gebotenen Leistung jedem Thrash-Fan das Herz aufgehen und die Hose feucht werden, denn EXHORDER bieten all das, was das Prügelherz begehrt. Zu meckern gibt es nur an Kleinigkeiten, wie etwa Elementen der Produktion – sie ist halt ziemlich oldschoolig, die Gitarren und der Gesang surren im Hintergrund rum, während das Schlagzeug alles niederwalzt. Daran kann man sich jedoch gewöhnen, ebenso wie an leichte rhythmische Unsauberkeiten im Schlagzeugspiel, die im Endeffekt eh keine Rolle spielen, weil „Slaughter in the Vatican“ einem einfach so gekonnt in die Fresse haut, dass keine Fragen offenbleiben. Wer richtig reinrassigen Thrash sucht, der einem den Dreck aus den Ohren pustet und sich nicht mit Neo-Thrash-Kapellen wie Machine Head begnügen will, sollte hier dringend ein Ohr riskieren; wer die Amis schon kennt, darf sich händereibend auf das im Anzug befindliche neue Material freuen.
Keine Wertung
Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info