Wir schreiben das Jahr 2009 und während sich namhafte Metal-Acts dieser Welt bei den größten Labels der Szene formiert haben, leistet das Örtchen Donzdorf erbitterten Widerstand. Genug gelacht und Ohren auf, denn auch wenn das Römische Imperium längst der Vergangenheit angehört, biete es Vollblut-Italienern wie Maurizio Iacono genügend Stoff, um die alten Zeiten in musikalischer Form auferstehen zu lassen.
Maurizio Iacono, ist das nicht …? Ja genau – der Frontmann der allseits bekannten Death-Metaler Kataklysm beschreitet mit seinen restlichen Bandkollegen neue Wege. Doch anscheinend ist er nicht der einzige mit Interesse an Geschichte und somit hat man gleich quasi die Nuclear-Blast-Allstars (unter anderem Karl Sanders von Nile oder Nergal von Behemoths) mit in die Galleere geholt, um auch den letzten Cent aus dem zahlenden Kunden zu peitschen: Die Promotion, die seitens Nuclear Blast im Vorfeld um das Projekt EX DEO betrieben wurde, war enorm und in diesem Umfang keineswegs gewöhnlich. Die Erwartungen sind also hoch. Aber wenn die eigenen Vorfahren einst die Welt regiert haben, sollte man es ja im Schlaf schaffen, einen gescheiten Silberling zu produzieren.
Die ersten Takte des Openers und Titelstücks „Romulus“ klingen zumindest vielversprechend. Ein chorales Intro leitet das Lied ein, doch spätestens als Wolfsheulen ertönt, gleitet man ab ins Klischee. Die gute Wölfin, die die Brüder Romulus und Remus großzog … ja lieber Hörer, das waren noch Zeiten. Leider verläuft der Rest des Songs auch nach 08/15-Muster und nimmt nicht im Geringsten an Fahrt auf, wie man es von halbwegs brauchbarem Death Metal erwarten könnte. Dass es nicht immer rumpeln muss, beweisen Genre-Kollegen wie Nile ja eindrucksvoll. Allerdings zerlegt da ein George Kollias sein Kit in sämtliche Einzelteile, wohingegen zumindest beim Titeltrack der „Römer“ die Hoffnung auf ein baldiges Dasein im Elysium aufkeimt. Bei Jupiter, jetzt muss aber mal der Blitz geschleudert werden. Und wer fleißig betet, wird erhört: Denn das folgende „Storm The Gates Of Alesia“ geht gleich von Beginn druckvoller und schneller nach vorne als sein Vorgänger; auch der Chor im Hintergrund fügt sich gut ins Gesamtbild ein.
Von Epik ist man zwar immer noch weit entfernt, aber immerhin darf Nergal hier als Cäsar fleißig mitgrowlen. Zwischenzeitlich eingestreutes Kampfgeschrei und Fanfaren lassen denn Hörer dann erstmalig auch eine Art Verbindung zum alten Rom empfinden. Ein Highlight des Gesamtwerks folgt mit „Cry Havoc“, das zwar auch eher im Midtempo gehalten ist, dafür aber durch Melodie zu überzeugen weiß. Die klaren Gittarenparts erinnern stark an Immortal und gehen dementsprechend gut ins Ohr. Auch der Instrumentalpart mit Erzählerstimme im Mittelteil ist gut gelungen. Allerdings ziehen sich diese Elemente durch das gesamte Album, ohne weitere nennenswerte Höhen zu erreichen: Immer wieder gibt es chorale Einlagen mit Fanfaren und eher mäßigen Innovationen seitens der Rifffraktion zu hören.
Prinzipiell muss das nicht negativ sein. Man sollte als Hörer aber schon einen Fable für Ben Hur, Spartacus oder ähnlich Sandalenfilme haben, um die komplette Laufzeit von 59:42 Minuten am Ball zu bleiben. Stampfende Legionäre schön und gut, aber Death Metal im eigentlichen Sinne ist hier wenig zu finden. Zumal Elemente wie die Chöre von Bands wie Moonsorrow seit Jahren in deutlich beindruckenderer Form benutzt werden.
Fatal ist, dass sich eine Band wie Nile wirklich zu 100 Prozent mit ihrem Thema identifiziert und weiß, wie sie ihren Stoff am besten Umsetzen kann. Anders sieht es bei EX DEO aus: Es wird zwar behauptet, dem Hörer die Gesichte um das römische Weltreich näher bringen zu wollen, wer sich aber bloß mal das Video zum Opener „Romulus“ anschaut, muss sich ordentlich wundern: Dass Romulus seinen Bruder ersticht, ist der Überlieferung nach noch korrekt – allerdings geschah dies ob einer Streitigkeit bei der Stadtgründung. Dass im ach so geschichtsvermittelnden Video im Hintergrund allerdings bereits das Rom der Kaiserzeit als prächtige Stadt inklusive Kolosseum zu sehen ist, das erst unter Vespasian – also knappe 830 Jahre später – erbaut wurde, gibt zu denken. Hier wendet sich der Geschichtsbewanderte mit Grausen.
Wer wirklich daran interessiert ist, Geschichte in Musik zu verwandeln, darf sich solch groben Schnitzer nicht erlauben. Somit bestätigt sich bei näherem Hinsehen der Verdacht, dass man – allen voran Nuclear Blast – hier wohl nur die Kuh (oder in diesem Fall die Wölfin) melken will. Eigentlich eine Schande, dass ein Karl Sanders bei diesem Schmu mitmischt, aber letztendlich geht es ja um die Musik als solche, und die ist zumindest solider Durchschnitt, wenngleich auch hier nicht ganz klar wird, was Iakono und Konsorten eigentlich wollen. Daumen nach oben oder unten? Das muss diesmal nicht der Kaiser, sondern der Hörer entscheiden. Viele gute Argumente haben EX DEO nicht auf ihrer Seite …
Wertung: 5 / 10