Wenn alle schon mit dem Hypetrain auf und davon sind, und du kommst außer Puste am Bahnhof an, um voller Begeisterung von deine neueste Entdeckung kundzutun, heißt es auf Neudeutsch gerne: „Late to the party“. Aber weil manche Partys ja gerade erst dann gut werden, wenn die meisten schon wieder weg sind, sich der beschwipste Rest in der Küche irgendwelchen Nerdgesprächen hingibt und in der heißen Debatte über das beste Heavy-Metal-Album der Welt gar nicht bemerkt, dass es draußen schon wieder hell wird, und weil „Ernie Fleetenkiekers Metal Manifest“ genau dieses Feeling in Buchform ist, wollen wir hier – mit der nunmehr vierten Auflage des Manifests in Händen, doch noch ein Review nachlegen.
Tatsächlich ist „Ernie Fleetenkiekers Metal Manifest“ nämlich nicht jenes dröge Sachbuch über Heavy Metal, das man so oder so anders schon dutzende Male in der Hand hatte – und früher oder später wieder weggelegt hat, weil die starre Aufzählung von Genres, Bands, Alben oder Besonderheiten am Metal bei aller Begeisterung für das Sujet eben doch langweilig wurde. Ernie Fleetenkieker – der Mann hinter Krachmucker TV und früher (als Seuche) Fronter bei Fäulnis, addressiert seine Leserinnen und Leser hingegen eher als Gesrächspartner auf Augenhöhe: Natürlich gibt er in seinem Buch seine Sicht der Dinge wieder – nie stellt er diese Meinung aber als absolut oder einzig richtig hin. Im Gegenteil: Im Laufe der vier Teile, in die das Buch gegliedert ist, erklärt er – etwa beim heiklen Thema „Best-Of-Listen“ – sein Vorgehen, seine Zweifel und bietet immer wieder sogar wortwörtlich Raum (in Form von Leerseiten) für eigene Aufzählungen.
Das Manifest selbst beginnt mit einer – für eingefleischte Metalheads zugegebenermaßen sehr basalen – Heranführung an das Thema. Dessen ist sich Ernie aber durchaus bewusst und rät Experten direkt zum weiterblättern. Macht man dann natürlich trotzdem nicht, denn irgendwie ist es ja auch schön, nochmal „von Null weg“ anzufangen. Also, los geht’s – Entstehung des Genres, Klassiker, Genres, Wissenswertes! Yeah! Etwas tiefer in die Materie geht es dann in Teil II: Überschrieben mit „Die Entdeckungsreise“ geht es um Vielfalt und Philosophie, Metal aus aller Welt und die etwas gewagte Gleichung: „Schwert, Burg & Pferd = gutes Album“. Obendrauf: Zehn Metal-Hymnen zum Durch-die-Decke gehen. Im dritten Teil geht es dann ans Eingemachte: „Auf der Suche nach der Metal-Seele“ portraitiert Ernie humorig verschiedene Metaller-Typen, es geht nach all dem Heavy Metal auch mal um Black Metal und generell wird viel „geschnackt“, wie Ernie wohl sagen würde. Eben so, wie man es nachts um vier in der Küche tun würde, wenn alle anderen schon weg sind, aber immer noch nicht klar ist, was ob diese oder jene Band jetzt eigentlich „noch Metal“ ist oder nicht.
„Ernie Fleetenkiekers Metal Manifest“ ist ein Buch für Metal-Neulinge, die einen halbwegs sortierten Überblick über die großen Heldentaten im Genre bekommen wollen. Es ist ein Buch für Metal-Nerds, die gerne herrlich subjektive Underground-Tipps bekommen. Und es ist ein Buch für Metalheads mittleren Alters, die davon überzeugt sind, sich gut auszukennen, und die von diesem breit gefächerten Werk aufgezeigt bekommen, welche immensen Wissenslücken es noch zu füllen gilt. Mit anderen Worten: Ernie Feetenkieker ist ein Buch gelungen, aus dem wirklich alle, die sich dem Metal verschrieben haben, etwas mitnehmen können und dem vor allem eines gelingt: Es macht Lust auf Metal – in all seinen Facetten.
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