Gothic Rock aus Finnland? Da werden die meisten unserer Leser wohl am ehesten an HIM oder Sentenced denken. Mit „Time Of Despair“ aber liefern Entwine ihr bereits drittes Werk ab, und die Vergleiche mit den beiden erstgenannten Bands sind auch alles andere als fehl am Platze.
Düster-melancholisch geht es hier die gesamten 43 Minuten zu, ganz standesgemäß eben. Schon der Opener „Stream Of Life“ dürfte mit seinen harten Gitarren und dem rockigem Rhythmus Balsam für alle sein, die HIMs „Deep Shadows And Brilliant Highlights“ zu poppig fanden. Im Refrain wird die Stimme etwas durch Elektronik-Spielereien entfremdet, was mir nicht sonderlich gefällt. Ist wohl als experimentell anzusehen, ebenso wie der seltsame Beginn von „The Pit“, dass im 20sekündigem Intro mit astreinen Techno-Beats daherkommt. Da verzieht’s erst mal das Gesicht, aber das Teil verwandelt sich dann in einen guten Gothic Rocker. Wurde sogar als Single veröffentlicht, leider nur in Finnland.
„Nothing Left To Say“ ist dann schon etwas ruhiger, bevor mit „Safe In A Dream“ eine astreine Ballade ausgepackt wird. Glücklicherweise bleibt das Stück so gut wie kitschfrei, womit man so einigen Kollegen etwas voraus hat. Wirklich klasse gelungen!
„Burden“ geht dann wieder etwas Richtung „Nothing Left To Say“, bevor es mit „Falling Apart“ wieder etwas flotter weiter geht. Auf Position 7 befindet sich für mich der absolute Höhepunkt des Scheibchens: „Until The End“ nennt sich der Song. Hier macht sich pure Melancholie breit, einfach nur perfekt zum dahinträumen. Hier wird dir eine Gänsehaut nach der anderen über den Körper gejagt. Mika Tauriainen und die frühere Backgroundsängerin (welch verschwendetes Talent!) Saara Hellström machen im Duett ihre Sache wirklich ausgezeichnet und zaubern ein Stück Musik, dass man im Gegensatz zu manch anderem Schrott als Kuschelrock bezeichnen kann – einfach nur traumhaft schön! Zum Glück ist es erst nach knappen 7 Minuten zu Ende.
„Learn To Let Go“ sowie auch der Titeltrack „Time Of Despair“ sind zum Abschluss noch zwei verträumte, schleppende und romantische Rocknummern.
Kurz zusammenfassen könnte ich diese Review auch so: „Time Of Despair“ ist ein Album voller melancholischer und traumhafter Melodien.Auch wenn Mika hier meiner Meinung stimmlich nicht ganz an die Kollegen Ville Valo und Ville Laihiala herankommt, hat er doch ein bemerkenswertes Organ. Auf seine Stimme sind die Songs auch nahezu maßgeschneidert, das passt einfach. Zum guten Eindruck dazu kommt, dass alles mit einer wirklich guten und druckvollen Produktion gebastelt worden ist.
Besonders originell oder gar innovativ ist das alles freilich nicht. Aber das verlangt auch keiner. Das war wohl auch nicht die Absicht von Entwine (nicht das mir hier jetzt einer denkt, sie wären nur eine billige Kopie!).
Diese neun Songs voll erhabener Schönheit kann ich mir perfekt vorstellen für die gemeinsamen und romantischen Momente zu zweit, oder einfach nur zum tiefen Versinken in der Couch, um die Gedanken schweifen zu lassen und sich treiben zu lassen.
Wertung: 8 / 10