Albumcover EMOLECULE

Review eMolecule – The Architect

Vor einem Jahrzehnt debütierte das Prog-Rock-Projekt Sound Of Contract mit „Dimensionaut“. Obwohl das Album mit direkt ins Ohr gehenden Melodien aufwartete, spannende Instrumentalparts bot und die warme Stimme von Simon Collins dem Ganzen noch das Sahnehäubchen aufsetzte, folgte nach „Dimensionaut“ kein neues Material. Stattdessen kehren nun die ehemaligen Sound-Of-Contract-Mitglieder Collins und Nordstrom mit ihrer neuen Band EMOLECULE und dem Debütalbum „The Architect“ zurück.

Die beiden Musiker lernten sich 2005 in Kanada kennen. Ursprünglich kamen sie zusammen, um an Simons Solokarriere zu arbeiten, aber schon bald begannen sie, gemeinsam Material zu schreiben, von dem ein großer Teil schließlich auf „Dimensionaut“ (2013) landete. Nach dessen Veröffentlichung tourten Sound Of Contract noch gemeinsam mit Spock‘s Beard durch Europa, ehe es ruhig um die Band wurde. 2018 verkündeten Collins und Nordstrom ihren Austritt, woraufhin die letzten verbliebenen Mitglieder Dorsey und Kerzner In Continuum gründeten und für dessen Debüt die Songs verwendeten, die ursprünglich für die zweite Platte von Sound Of Contract geschrieben wurden. Kurzum: Auch wenn die Band offiziell noch existiert, sind alle Mitglieder mittlerweile in anderen Bands aktiv.

Während der Produktion von Simon Collins viertem Soloalbum „Becoming Human“ (2020) nahm Kelly Nordstrom eine Demoversion des Songs „Emolecule“ auf. Mit diesem neuen Material in der Tasche und einer gemeinsamen Vision beschlossen Simon und Kelly, ihren Weg als Duo weiterzugehen und ihre Songs unter dem Namen EMOLECULE zu veröffentlichen. Auf „The Architect“ debütieren sie nun mit elf Songs und einer Spielzeit von 70 Minuten – nicht nur der warme, klare Gesang macht deutlich, dass Simon der Sohn von Phil Collins ist, sondern auch die Liebe für komplexe und überlange Songstrukturen scheint Simon von seinem Vater geerbt zu haben.

Genau das wird bereits im elfminütigen Opener „Emolecule“ deutlich: Sich aufbauende, gemächlich weiterwachsende, repetitive Motive schließen sich zu einem eingängigen Longtrack zusammen, der im Mittelteil von einem Jam-Session-artigen Zusammenspiel von Nordstorms heavy Riffs und Collins‘ vertracktem Drumming unterbrochen wird, nur um am Ende wieder in die Ausgangsmotive zu münden. EMOLECULE machen definitiv Musik, die Ähnlichkeiten zu Sound Of Contract aufweist, aber wesentlich härter, verkopfter und kantiger ist. Der Titeltrack belegt das eindrucksvoll: Prog-Metal im Haken-Stil trifft auf einen atmosphärisch-einnehmenden, von Akustikgitarre und spacigen Sounds lebenden Mittelteil – großartige Nummer. Auch in „Prison Planet“ wird es stimmungsvoll, mit hallenden, an Pink Floyd erinnernden Gitarren, Klavier sowie einem starken Lead im Refrain. Der Gesang von Simon Collins in Kombination mit dem von ihm gespielten Schlagzeug lässt nur allzu deutlich an seinen Vater und dessen Zeit bei Genesis denken.

Im weniger spannenden „Dosed“ überrascht Collins mit kehligen Screams und zurückhaltend eingesetzter Doubleblass, davor wenden sich EMOLECULE in „Mastermind“ einem von Synths und Keys erzeugten Sounds zu – in dieser Kombination liegt eine große Stärke der Band. Bei „The Turn“ ist der Name Programm, denn während der Track in der ersten Hälfte zu einer atmosphärischen, schwermütigen Ballade anwächst, mutiert „The Turn“ in der letzten Hälfte zu einem Auswuchs mit keifenden Sprechgesang und klassischen Prog-Metal-Riffs. „Awaken“ bleibt in seiner Dynamik ein ruhiger, halbballadesker Track, der vom Ohrwurm-Refrain in „Beyond Belief“ abgelöst wird. Zu dem Zeitpunkt sind bereits über 50 Minuten Spielzeit vergangen und EMOLECULE sind ebenso wenig fertig mit „The Architect“ wie die Hörer. Es ist unverschämt, mit welcher Leichtfüßigkeit auch die letzten Tracks noch nahtlos den Weg ins Ohr finden. Ein bombastischer, facettenreicher Prog-Edelstein wie „The Universal“ wäre für manche Bands der einzige Hit auf dem Album, für EMOLECULEs Debüt ist es nur einer von vielen.

Mit so einem überdurchschnittlich starken Debüt vom Duo Collins und Nordstrom haben Sound-Of-Contract-Fans nicht gerechnet – wie auch, ist doch „The Architect“ wesentlich metallischer und progressiver als „Dimensionaut“, und genau dadurch auch um Längen spannender. Denn die Gefahr, dass man sich an EMOLECULE schnell satthört, ist äußert gering, dafür sind die elf Tracks zu vielschichtig und detailliert arrangiert. Dass die beiden Köpfe hinter „The Architect“ schon jahrzehntelang in der Musikkomposition tätig sind, hört man in jeder Minute heraus, ebenso wie ihr Faible für Kanten, Brüche und zugleich Melodik in der Musik. Nun heißt es Daumen drücken, dass EMOLECULE mehr als nur ihr Debüt veröffentlichen werden.

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Wertung: 9 / 10

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