Bei einem Bandnamen wie EMBRACE THE DAWN werden wohl viele erst mal an kitschigen Gothic oder Symphonic Metal denken. Wirft man jedoch einen Blick auf das Cover-Artwork von „The Effigist“, dem Debüt der besagten, 2015 gegründeten Band mit Mitglieder aus allen Winkeln der Welt, wird augenblicklich klar, was hier wirklich gespielt wird: hochmoderner Technical Death Metal. Dennoch liegt man auch mit der symphonischen Spielart des Metal nicht ganz daneben, denn diese und andere Einflüsse hat sich das internationale Quartett ebenfalls auf seine Fahnen geschrieben. Ob „The Effigist“ trotz seiner knappen Spielzeit von einer halben Stunde wohl wirklich derart vielfältig ist?
Tatsächlich üben sich EMBRACE THE DAWN beim Musizieren nicht nur in wüstem Geprügel und haarsträubender Fingerakrobatik. Vielmehr statten die Tech-Deather ihre Songs stets mit den Stilmitteln aus, nach denen diese verlangen, auch wenn man sich dafür aus dem eigenen Genre-Terrain herauswagen muss. Den Auftakt im Opener „Cold Black Hole“ machen beispielsweise düstere Ambient-Klänge, ein verzerrter Funkspruch und melancholische Clean-Gitarren, ehe sich EMBRACE THE DAWN schließlich auf ihr primäres Instrumentarium besinnen.
Trotz aller Vielfalt fühlt sich das Viergespann nämlich merklich im technischen Todesmetall zuhause, sodass kraftstrotzende Growls, pfeilschnelle Riffs und Soli sowie punktgenaues Drumming doch die vorherrschenden Merkmale der Platte sind. Die eingangs erwähnten symphonischen Elemente beschränken sich lediglich auf die Chöre im epischen Refrain von „Cerebral Sanitation“ und die unheilverkündenden Streicher im abschließenden „Tartarus“. Interessanterweise reizen EMBRACE THE DAWN jedoch auch ihre Möglichkeiten als Tech-Death-Musiker nicht vollends aus – was den Songs durchaus zugute kommt.
Die von Bands wie Archspire aufgestellten Geschwindigkeitsrekorde werden auf „The Effigist“ nicht gebrochen, herkömmliche Blast-Beats sucht man selbst in den treibenderen Songs meist vergebens. Für eine Tech-Death-Truppe spielen EMBRACE THE DAWN also gar nicht mal so technisch – Ausnahmen wie die rasanten Frickeleien auf „Singularity“ bestätigen die Regel. Spielerisch ist dennoch alles einwandfrei, ebenso in puncto Produktion, die mit ihrem kräftigen und sauberen Klang sämtlichen Standards des Genres entspricht. Das kreative, stimmige Songwriting kann somit ungestört zur Geltung kommen.
EMBRACE THE DAWN mögen nicht ganz so außergewöhnliche Musik machen, wie man eingangs vermuten könnte, und sie ringen dem Hörer kaum jemals dasselbe Staunen ab wie Archspire oder Fallujah. Mit „The Effigist“ haben sie jedoch ein äußerst gelungenes Album kreiert, das beweist, dass die Newcomer sowohl die Ideen als auch das Können haben, um mit ihrer Konkurrenz mitzuhalten. Wer also Lust auf einfallsreichen Technical Death Metal, aber nur wenig Zeit zur Verfügung hat, für den ist das Debüt des Quartetts genau das Richtige.
Wertung: 7 / 10