Ellende - Todbringerin

Review Ellende – Todbringerin

  • Label: AOP (Art Of Propaganda)
  • Veröffentlicht: 2024
  • Spielart: Black Metal

Was haben Taylor Swift und das Post-Black-Metal-Projekt ELLENDE gemeinsam? Wer jetzt versucht ist, mit einem entrüsteten „Nichts!“ zu antworten, liegt tatsächlich falsch. So wie die Pop-Künstlerin Swift mussten ELLENDE nämlich auch ein erfolgreiches Album („Todbringer“, 2016) komplett neu aufnehmen und interpretieren, um alte Lizenzierungen zu umgehen. Umso besser für die Fans, denn statt einem einfachen Re-Master von „Todbringer“ gibt es ganz einfach die „Todbringerin“.

Auf den ersten Blick gibt es erst mal keine gravierenden Unterschiede zwischen den Werken. Das neue Albumcover ist ein von L.G. (auch bekannt als Farbbringer) gemaltes Ölgemälde, das von dem Werk „Het Melkmeisje“ des niederländischen Künstlers Jan Vermeers inspiriert ist. Auch die Trackliste weist einen eher kleinen, aber feinen Unterschied auf: Das Lied „Scherben“, das auf „Todbringer“ satte 15 Minuten lang ist, wurde auf „Todbringerin“ in zwei Teile gespalten. An der gesamten Spiellaufzeit des Albums hat sich allerdings nichts verändert.

Klanglich wirkt „Todbringerin“ im Vergleich zu ihrem Vorgänger durch eine hochwertigere Produktion sauberer und balancierter. Schon das einleitende Lied „Am Sterbebett der Zeit“, das aus einer bittersüßen Klaviermelodie besteht, erklingt klarer und bestimmter durch die Lautsprecher als vorher. Auch sonst sind einige Ungereimtheiten, die aus rein musikalischer Sicht vielleicht gestört haben, ausgebessert und beseitigt. Ob diese Veränderungen positiv zu sehen sind oder nicht, bleibt jedem selbst überlassen. Es könnte argumentiert werden, dass kleine Unvollkommenheiten und eine rauere Produktion zur Black-Metal-Faszination der alten Version beigetragen haben. Andererseits war es auch nicht ELLENDEs Anspruch, „Todbringer“ exakt so wie vorher neu zu veröffentlichen. L.G. spricht hier spezifisch von einer „Neuinterpretation“.

So weist die „Ballade auf den Tod“ einige ausschlaggebende Unterschiede auf, die den Endeffekt des Liedes verändern: Obwohl die rohe und verzweifelte Atmosphäre des Songs im Grunde erhalten bleibt, wirkt das Ganze im Nachhinein gestellter. Die fauchenden und elenden Black-Metal-Schreie von „Todbringer“ wurden auf „Todbringerin“ zwar gekonnt nachgemacht, haben dabei allerdings einen Hauch an schwarzmetallischem Tod und Verderben eingebüßt. Ähnliches kann auch für die restlichen Songs der Platte gesagt werden, besonders fällt das bei den zwei Teilen von „Scherben“ sowie bei „Verachtung“ auf. Weitgehend gelungen ist hingegen die Aufarbeitung der Instrumente. Insbesondere der Klang des Schlagzeugs wurde grundlegend verbessert. Wo die Drums vorher teilweise als dumpf aufgefallen waren, klingen sie jetzt schärfer und bieten ein solides Rückgrat für Songs wie „Am Ende stirbst du allein“.

Letztendlich ist sämtliche hier angebrachte Kritik „Meckern auf sehr hohem Niveau“. „Todbringerin“ bietet, wie „Todbringer“, eine großartige Perspektive darauf, was Black Metal kann und darf. L.G. hat es geschafft, das beliebte Album mithilfe neuer Ansätze und seinem eigenen musikalischen Riecher aufzuwerten und würdig neu aufzunehmen, ein Unterfangen, das Musikern nicht immer gut gelingt. Ob man sich das Album anschaffen muss, wenn man „Todbringer“ schon im Regal hat, ist fraglich. Bonustracks oder besonders drastische Umdichtungen gibt es letztendlich nicht. Trotzdem ist auch dieses ELLENDE-Werk erstklassiger Zuwachs für jede Platten- oder CD-Sammlung.

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Wertung: 8.5 / 10

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