Electric Callboy Tekkno Cover

Review Electric Callboy – Tekkno

Eurovision-Bewerbung, Umbenennung, weltweiter Internet-Hype, eigenes Ein-Tages-Festival, überwältigende Liveauftritte – ELECTRIC CALLBOY sind definitiv eine der Bands der Stunde. Seit dem Einstieg von Sänger Nico Sallach und dem Megaerfolg von „Hypa Hypa“ geht es nur steil bergauf für die Trancecore-Überflieger aus Castrop-Rauxel. Dass das nicht jedem gefällt, ist klar: ELECTRIC CALLBOY scheren sich mit ihrer ungenierten Mischung aus Metal, Core und Alternative Rock mit Techno-, Dance- und Rap-Elementen einen feuchten Kehricht um Genregrenzen oder Tellerränder. Szenewächter, beinharte Traditionalisten und alle, die ihren Metal „rein“ genießen möchten, sind bei „Tekkno“ falsch.

Wer jedoch offen für die Mischung ist und sich auf die Gaudi einlassen kann, bekommt eine halbe Stunde lang gute Laune, mosh- und tanzbare Musik zum Mitsingen, Party machen und freuen. Die ersten vier Tracks sind allesamt bereits bekannt und haben nach „Hypa Hypa“ den ELECTRIC-CALLBOY-Sound definiert. Vor allem die Workout-Granate „Pump It!“ und „We Got The Moves“ – der den Fans das „Abtauben“ beibrachte – haben die Erfolgsformel weitergeführt und perfektioniert: Der Mix aus stampfenden Industrial-Disco-Beats, 80er-Synthesizermelodien, Klargesang und Growls mit Ausrastern bis hin zu Pig Squeals, pathetische Refrains sowie die Zusammenführung aus fröhlichen, poppigen Melodien mit hartem Metalcore mitsamt wuchtigen Breakdowns funktioniert bestens.

Unter anderem durch Gastbeiträge wird für Abwechslung gesorgt: „Fuckboi“ mit der komplett weiblichen Post-Hardcore-Band Conquer Divide ist ein lupenreiner College-Rock-Song mit Feel-good-Garantie, „Spaceman“ bringt durch Rapper Finch nochmal eine ganz andere Note in den Synth-Techno-Pop-Metal-Mix mit ein.  Aber auch, wenn fast jeder Song nach derselben Erfolgsformel gestrickt ist, hat jeder Track seinen eigenen Charakter. Während „Mindreader“ mit düsterem Industrial-Beat und melancholischen Klängen aufwartet, lassen „Parasite“ und „Tekkno Train“ den Rave-Zug mit Vollgas aus dem Bahnhof fahren – „Choo choo choo, we‘re riding on the tekkno train, choo choo choo“ wird bei den Livekonzerten sicher lauthals mitgebrüllt, ebenso wie das für neue ELECTRIC CALLBOY klassische „Arrow Of Love“. Das kurze, knackige „Hurrikan“ – mit astreinem Schlager samt deutschen Texten – und der Synthwave-Discopop-Rausschmeißer „Neon“ mit ganz viel 80er-Vibe runden „Tekkno“ als abwechslungsreiches Gesamtpaket wunderbar ab.

Einziger wirklicher Kritikpunkt ist die arg kurze Spielzeit: Die zehn Tracks bringen nur eine knappe halbe Stunde auf die Uhr, und davon wurde die Hälfte schon vor Albumrelease veröffentlicht. Abgesehen davon ist „Tekkno“ ein grandioses Spaß-und-gute-Laune-Paket, auf dem ELETRIC CALLBOY sich noch mehr auf ihre Stärken und die hemmungslose Grenzüberschreitung des Sounds konzentrieren. Alles, was der Band bis zum 2019er Album „Rehab“ – damals noch als Eskimo Callboy – gefehlt haben mag, ist auf „Tekkno“ gebündelt, verbessert und optimiert vorhanden. Hier ist auch Neuzugang Sallach mit seinem variablem Gesang ein wichtiger Baustein. Die wie neu geboren wirkenden ELECTRIC CALLBOY sind inzwischen weltweit eine Attraktion und mit einem Album wie „Tekkno“ kann der kometenhafte Aufstieg zum großen Headliner nur weiter steil nach oben gehen.

„Hypa Hypa“ kam 2020 genau zur richtigen Zeit und hat mit einem quatschigen Video viel Spaß und ein Lächeln auf das Gesicht zahlreicher Menschen während schwieriger Pandemiezeiten gebracht. „Tekkno“ schließt nun genau daran an. Danke für die Freude, die gute Unterhaltung und Momente der Gedankenlosigkeit, der Unbeschwertheit und des Eskapismus. Danke, ELECTRIC CALLBOY!

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Wertung: 9 / 10

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