Review Elane – Lore Of Nén

Berge und Felsen, soweit das Auge reicht, geschmückt durch schneebedeckte und nebelverhangene Gipfel. Weite und einsame Wiesen und Felder bis zum Horizont, durchzogen von Bächen und Seen, die umgeben sind von Bäumen, die im frisch-herbstlichen Glanz erstrahlen. Mystische Wälder, die eng bewachsen nur vereinzelte Lichtstrahlen durch das dichte Gestrüpp ihrer Decke lassen. Nächte mit strahlend-klarem Sternenhimmel und silbrig schimmerndem Mond… ELANE erschaffen mit „Lore Of Nén“ eine traumhafte Fantasiewelt, die sich vor dem inneren Auge des Hörers etwa so aufbauen könnte. Der Albumtitel übrigens bedeutet etwa „Die Sage des Wassers“ und ist eine Mischung aus englischer und elbischer Sprache.

ELANE verbinden auf ihrem zweiten Album Folk, Klassik und Orchester-Arrangements und zaubern damit eine wunderschöne Atmosphäre, die jeden, der sich auf die Musik einlässt, voll in seinen Bann ziehen und in entfernte Welten entführen kann. Mit dramatischen Klängen leitet „Journey“ die Reise ein, die mit einem Abschied beginnt. „The Night I Left“ vereint als dunkel-romantische Ballade Melancholie und Fröhlichkeit miteinander, trotz der Traurigkeit über das Fortgehen hat das Lied eine positive Ausstrahlung. Gleich hier wird klar, dass viel an Jorans Stimme hängt, die bezaubernd und betörend wie auch kraftvoll und sanft-zerbrechlich ist, allgegenwärtig aber nie aufdringlich wirkt. Auch die anderen Bandmitglieder dürften ihr Gesangstalent unter Beweis stellen, Violistin Katrin etwa in der einzigen deutschen Nummer „Licht“ und auch Nico und Skaldir.
Ein ganz besonderes Highlight ist „Nen Ar Tasar (You See)“. Neben Joran ist hier auch Neniel zu hören, die mit ihrem Soprangesang unglaublich tief unter die Haut geht, überhaupt baut der Song eine düster-melancholische Dramatik auf. Der Liedtitel ist hier neben den sonst meist englischsprachigen Liedern in elbischer Sprache, hier zeigt sich die Faszination ELANEs für die Fantasiewelten J.R.R. Tolkiens. Auch das albumbeschließende „Calad Vallen“ trägt einen elbischen Namen und fesselt mit der sich langsam steigernden Melodie und dem sphärischen Elbengesang ungemein, das hätte auch Howard Shore für den Herr der Ringe-Soundtrack nicht besser hinbekommen können. Mit „Black Is The Colour“ haben ELANE auch ein Traditional auf ihre Art vertont, welches auch ganz große Klasse geworden ist. Ausserdem gibt es neben „Journey“ und „Calad Vallen“ noch einige rein instrumentale Stücke („Celeste“, „Levitation“, „Tanz“, „Pale Sea“), die auch ohne Gesang absolut begeistern können.

Allzu sehr auf die einzelnen Lieder eingehen sollte und braucht man hier aber gar nicht. „Lore Of Nén“ hat in seinen stolzen 67 Minuten keine Ausfälle oder langweilige Stellen. Mit melancholischen Geigenklängen, elegischen Akustikgitarren, verträumten Klavier- und Pianostellen, packenden orchestralen Klängen oder hier und da kleinen versteckten Spielereien im Hintergrund bieten ELANE Abwechslungsreichtum und Detailverliebtheit. Letzteres zeigt sich überdies auch bei der optischen Gestaltung, denn unter dem herrlichen Cover findet sich ein dickes und herrlich verspieltes Beiheft, dass es einfach eine wahre Freude ist.
Ob man es nun Dark Folk, Neofolk, Neoklassik oder wie auch immer nennen will – „Lore Of Nén“ ist ein bezauberndes, gefühlvolles, soundtrackartiges und einfach schönes Meisterwerk dieser Stilrichtung. Gerade jetzt in der winterlich-kalten Zeit ist das Album ein perfekter Begleiter für gemütliche Abende zuhause, wenn es draussen stürmt und schneit, um in fremde Welten zu entfliehen und sich von der „Sage des Wassers“ treiben zu lassen.

Wertung: 9.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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