Review Eisregen/Goatfuneral – Bitterböse

  • Label: Massacre
  • Veröffentlicht: 2021
  • Spielart: Black Metal

Gerade erst haben EISREGEN als Band die 25 Jahre vollgemacht, da steht schon der nächste Anlass für eine Party ins Haus: das 15. Studioalbum, „Bitterböse“. Zu verdanken ist das wohl ausgerechnet dem leidigen Umstand, dass 2020 eben nicht gefeiert werden konnte: Das „Heimatfest“-Wochenende musste abgesagt werden, ebenso die Deutschlandtour zu „Leblos“. Folglich hatten M. Roth und Yantit Zeit, sich direkt wieder dem Songwriting zu widmen. Das Ergebnis ist „Bitterböse“ – nicht ein Album, sondern zwei. Nicht von einer Band, sondern von zwei.

Das Package enthält nämlich nicht nur ein neues EISREGEN-Werk, sondern auch den Nachfolger des 2010 erschienenen Albums „Bastion Lucifer“ von GOATFUNERAL, dem Black-Metal-Projekt von M. Roth (als Blutkehle) und Yantit (als Isaac Goaten): „Bitterböse“ ist also ein Split-Album ohne Fremdbeteiligung. Beide Releases zusammenzufassen, ergibt in mehrerlei Hinsicht Sinn: Zum einen sind beide für sich genommen nur knapp 20 Minuten lang – zum anderen entwickeln sich EISREGEN seit „Fegefeuer“ (2018) wieder merklich in Richtung Black Metal. Der stilistische Kontrast ist also gar nicht so groß – Unterschiede gibt es aber dennoch genügend.

Als EISREGEN geht das Thüringer Duo den zuletzt beschrittenen Weg konsequent weiter: Insgesamt klingt das Material noch etwas rabiater, der Sound noch etwas räudiger, der Gesang noch etwas fieser als zuletzt. Mit „Sei mein Totenlicht“ und „Nur eine weitere Leiche im Wald“ haben EISREGEN zwar den klassischen Mix aus fiesem Text, lieblicher Melodie und extremem Metal im Programm; der Titeltrack hingegen klingt fast punkig (passend dazu erinnert auch der Text an Fäulnis) und bei „Krüppelnacht“ kennen EISREGEN nicht nur im Text keine Gnade. „Ein Pfund Fleisch“ steht musikalisch wie auch in der Tracklist irgendwo dazwischen: Mit seiner Schunkelmelodie kommt der Song nie wirklich in Fahrt. Und auch der Text entwickelt bestenfalls den Tiefgang des Messers, mit dem sich der Protagonist in bester „Saw“-Manier durch Selbstverstümmelung befreien soll. Spoiler: Es wird zwar mal wieder „geblutet wie ein Schwein“, aber das reicht halt nicht. So ist nicht alles an „Bitterböse“ Gold, was glänzt: Manchmal ist es auch einfach nur sinnlos vergossenes Blut.

Tatsächlich liegt darin der größte Unterschied zu „Bitterböse“ von GOATFUNERAL. Hier geht das Duo stilistisch konsistenter zu Werke: Zwar finden sich in den sechs Songs auch ein paar doomige Passagen – das Grundtempo (sehr hoch) und die Atmosphäre (sehr düster) sind jedoch insgesamt einheitlicher. Dazu trägt auch bei, dass die englischen Texte weniger Aufmerksamkeit auf sich ziehen – wenngleich M. Roth näher am EISREGEN-Gesangsstil bleibt als auf „Bastion Lucifer“ und Songtitel wie „Dunkeldeutschland“ oder „Antisocial East-German Black Metal“ durchaus ein unterhaltsames Textwerk versprechen. Das Prinzip „EISREGEN-Gesang zu noch rotzigerem Geschraddel“ funktioniert auf diesem zweiten Teil von „Bitterböse“ also einerseits erstaunlich gut, bringt aber auch ein altbekanntes Problem mit sich: GOATFUNERAL wirken ziemlich düster, in der Dunkelheit aber eben auch etwas gesichtslos. Erst das abschließende „Satan Calls“ sticht heraus: Zunächst durch abwechslungsreichen Black Metal, zum Abschluss dann als pumpender EBM-Hit. Da ist sie, die ersehnte Party, endlich!

Mit „Bitterböse“ haben M. Roth und Yantit ein „Split-Album“ geschrieben, das schon deswegen vielseitig ist, weil zwei Bands vertreten sind. Während der GOATFUNERAL-Part gefälligen, aber auch nicht bahnbrechenden Black Metal enthält, bieten EISREGEN eine illustre Mischung aus Hau-drauf-Black-Metal, Schunkel-Metal im Midtempo und melancholischem Dark Metal. Dass Yantit immer wieder durchblicken lässt, was er melodisch draufhat, um im nächsten Stück wieder gepflegt auf jedes Feingefühl zu scheißen, scheint auf „Bitterböse“ mehr denn je Konzept. Und so erfreulich es für GOATFUNERAL-Fans auch sein mag, nach über zehn Jahren neue Songs dieses Projektes zu hören – aus Sicht des EISREGEN-Fans wäre es spannender gewesen, zu erfahren, ob dieser Ansatz auch auf Full-Length-Spielzeit aufgegangen wäre.

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