Review Eis – Wetterkreuz

  • Label: Prophecy
  • Veröffentlicht: 2012
  • Spielart: Black Metal

Es gibt Alben, die es erforderlich machen, zunächst den persönlichen Bezug zur betreffenden Band darzustellen, bevor man sich an die eigentliche Kritik zur Platte wagt… „Wetterkreuz“ der deutschen Black Metaller EIS ist eines davon.

EIS, damals noch GEIST, veröffentlichten im Jahre 2006 mit „Kainsmal“ ihr zweites Album – ein Werk, das für mich seinerzeit von jetzt auf gleich zum Inbegriff deutschen „Sophisticated Black Metals“ wurde. Nicht nur, dass das Album bei aller Rohheit in Sound und Komposition musikalisch bis heute seinesgleichen sucht – auch textlich hielten GEIST dem Satans-, Wikinger- und Misanthropie-überdrüssigen Hörer einen Strohhalm hin, an den man sich all zu gerne klammerte… in der Überzeugung, in GEIST eine Band gefunden zu haben, die im Stande ist, dem Black Metal die stets etwas peinliche Note, die durch all zu stupide Texte meist mitschwingt, zu nehmen.

Der große Durchbruch schien eine Frage der Zeit, der Vertrag mit dem deutschen Avantgarde / Intellektuellen-Black-Metal-Label Nummer eins, Prophecy Productions, nur logisch. Was dann folgte, war die wohl größte Welle kollektiven Selbstbetrugs, die ich je mitlerleben durfte – versuchten sich doch Presse wie Fans das ob seiner (textlichen wie musikalischen) Belanglosigkeit schlichtweg enttäuschende Album „Galeere“ so lange schön zu reden, bis es der ein oder andere gar selbst zu glauben begann. Lange hielt diese medial gepushte Euphorie jedoch nicht – und so verschwanden EIS schon wenig später wieder in der Versenkung des Undergrounds, während Truppen wie Imperium Dekadenz oder Farsot mit musikalisch gewiefterem und Secrets Of The Moon oder Dornenreich mit nicht einmal anspruchsvollerem, dafür aber zumindest eingängigerem Material zu Karriere-Höhenflügen ansetzten.

Aus GEIST wurden EIS, aus fünf wurden zwei, und unter neuem Retro-Logo schwor man dem wahren Black Metal die Treue: Stolz verkündete man, das neue Album werde die Musiker zurück zu ihren eigenen musikalischen Wurzeln tragen – Worte, die mit „Galeere“ im Ohr mehr als nur skeptisch stimmten, war doch schon dieses kein Sammelsurium musikalischer Raffinessen.

Und in der Tat, die Skepsis war berechtigt: Schon der Opener, „Mann aus Stein“, bringt die Problematik perfekt auf den Punkt: Alles an dem Song ist handwerklich gut gemacht… das Intro mit dem gesampleten Kinsky, der Einstieg der Band, das erste Riff, Alboins Gesang. Sogar der Sound, der zwar auch dieses Mal nach einer der typisch austauschbaren Klangschmiede-Studio-E-Produktionen klingt, jedoch zumindest hinsichtlich der Gitarren wieder etwas roher ausfällt als auf dem deutlich zu glatt produzierten „Galeere“ bietet keinen konkreten Ansatzpunkt für Kritik. Allein, in einer Zeit, in der man selbst mit Homerecording einen professionellen Sound hinbekommt, reicht all das einfach nicht mehr aus – mehr denn je ist Individualität in der Komposition, Kreativität und der Wille, sich von der großen Masse abzuheben, gefragt – und genau hier versagen EIS leider auf ganzer Linie.

Dass wir uns an dieser Stelle nicht falsch verstehen: weder Individualität noch Kreativität gehen zwangsweise mit einer progressiven Ausrichtung oder dem Streben nach Avantgarde einher – auch truer Black Metal kann kreativ oder individuell sein… allein, was EIS hier abliefern, ist nichts davon: Trotz überlanger Songs kommt zu keiner Zeit eine wirklich packende Atmosphäre auf, von Spannung gar nicht erst zu reden. Statt dessen plätschert das Album über die gesamte Spielzeit hinweg vor sich hin und frustriert durch uninspirierte Songstrukturen, durchschaubares Arrangement und musikalische Belanglosigkeit. Auf Hits oder Überraschungen wartet man hier indess mehr oder minder vergebens – 48 Minuten lang. Denn auch, wenn der Titeltrack in der Mitte des Albums durch überraschend flottes Riffing fast für soetwas wie einen Höhepunkt sorgt – von „mitreißend“ ist auch dieser Song noch so manchen Höhenmeter entfernt.

Die Bemühungen, mit „Wetterkreuz“ an „Kainsmal“-Zeiten anzuschließen, sind mehr als offensichtlich – nicht nur der Holzhammer-Parallele des markanten Kinsky-Sampels zu Beginn des Albums wegen, sondern auch, und vor allem, weil EIS hinsichtlich des Riffings derart bemüht im „Kainsmal“-Revier wildern, dass nahezu jedes Riff den faden Beigeschmack von „schon mal gehört“ trägt. Gewiss, schlechtere Alben gibt es unzählige, und wenn man die Messlatte entsprechend tief ansetzt, ist auch „Wetterkreuz“, allein ob der Einhaltung gewisser Standards, ein „gutes“ Album. Bei einer Band wie EIS fällt mir jedoch schwer, sie mit dieser Argumentation davon kommen zu lassen… ist EIS doch eine der größten Bands der heimischen Szene, und sind die Musiker doch beides alte Hasen, die wissen sollten, worauf es ankommt. Berücksichtigt man diese beiden Aspekte, ist „Wetterkreuz“ die vielleicht größte musikalische Enttäuschung des Jahres – wenn auch mit Ansage.

Wertung: 4.5 / 10

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4 Kommentare zu “Eis – Wetterkreuz

  1. Da wird Secrets of the Moon und dornenreich mit eis verglichen…sowas kann von kein black Metal head kommen.was Dornenreich anfangs an “ black Metal “ veröffentlicht hat ist ja totaler Schrott… Und das neue Zeug da sag ich Mal garnix zu…
    Eines der besten Alben die ich gehört hab… Ich höre Metal schon seid Jugendzeit bin Sammler hab über 1500 CDs von black Metal Anfangszeit bis heute ,death genauso..

  2. … und ich dachte, wir leben in einem Land, in dem jeder die Musik hören kann, die ihm gefällt, und jeder die Reviews lesen kann, die er mag. So dem nicht so ist, bitte ich natürlich vielmals um Entschuldigung, sollte ich irgendwem mit meinen Texten oder Aufnahmen Kummer und Ungemach bereitet haben und empfehle den Service der http://www.telefonseelsorge.de/#

  3. Völlig übertriebene Bewertung, für ein solides Black Metal Album. Warum Sie, Her Grütz, immer noch Black Metal Rezensionen schreiben dürfen ist mir völlig unerklärlich. Wenn ich solche Rezensionen lese, die vor Selbstverliebtheit und Bornhiertheit strotzen, möchte ich mich übergeben.

    1. Frage mich auch, warum mir das in einem Land wie diesem noch keiner verboten hat. Werde den Chef mal drauf hinweisen und bei der Gewerkschaft der freiberuflichen Musikredakteure anfragen, ob man vielleicht ein Berufsverbot erwirken kann.

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