Hinter EILERA, und damit einem der interessantesten Projekte des Jahres, stecken die zwei französischen Musiker Eilera und Loïc Tézénas. Ursprünglich kommen die reizende Frontfrau und ihr Gitarrist aus dem Metal, haben sich aber in den letzten Jahren auch mit anderen Genres wie Jazz, Klassik, Folk und Gothic beschäftigt. Nach dem Demo „Facettes“ und der EP „Precious Moment“ kommt von den beiden nun der erste Longplayer, der völlig zurecht den Titel „Fusion“ trägt.
Darauf zu finden sind zehn Songs, die ein breites musikalisches Spektrum zwischen den oben beschriebenen Stilen abdecken. Damit gelingt es EILERA trotz des leicht an Gothic Rock-erinnernden Grundsounds ein varianten- und abwechslungsreiches Album vorzulegen, wie man es nicht alle Tage hört. Das Schöne daran ist nämlich, dass man es schafft, sämtliche Klischees der zugrunde liegenden Hauptstile zu umschiffen. Die Musik ist zwar nicht das fröhlichste, was mir je untergekommen ist, versumpft jedoch nicht im oft recht tristen und eintönigen Gothic-Deprisound; sie fährt Metalriffs auf, ohne damit zwangsläufig zum Headbangen oder Mitgröhlen aufzufordern; sie spielt mit modernen Elementen wie programmierten Drums, Electro-Sounds und Ethnopassagen, ohne es damit zu übertreiben; sie bietet stark folkloristische Teile, ohne dabei allzu mittelalterlich oder übertrieben klassisch zu wirken. Geige, Cello und das dezent eingesetzte „Finish Strings Ensemble“ erweitern den Soundcosmos wirkungsvoll, springen den Hörer aber keineswegs mit Kitsch an. Die Stimme von EILERA ist dabei betörend und faszinierend. Sie klingt mal zerbrechlich, dann wieder unglaublich stark, böse oder aufwärmend. EILERA besingt ihre eigene Gefühlswelt und vermittelt glaubhaft ehrliche Gefühle. Technisch ist sie ebenfalls einwandfrei und erinnert das eine oder andere Mal an Björk.
Das Songmaterial auf „Fusion“ betont mal die eine, dann wieder eine völlig andere Komponente des Gesamtsounds. „Healing Process“ zum Beispiel lebt stark von den elektronischen Experimenten über bearbeitetem Gesang, dazu gibt es recht monotones Schlagzeug und monotones Riffing. Dieses sind aber nicht störend oder einfallslos, sondern untermauern nur die Atmosphäre. „Non Merci“ könnte beinahe schon Industrial sein, wird dann aber plötzlich zum lupenreinen Folksong und mündet in einen nicht besonders überzeugenden Gothic-Refrain. Bei „The Angel You Love…The Angel You Hate“ gibt es nach einem von Akustikgitarre getragenen Beginn gegen Ende sogar leichte Growls zu hören. So überrascht jeder Song auf seine Weise, hat auf seine Art besonders starke und auch mal eher schwächere Teile. Die ein oder andere Refrainmelodie hätte meiner Meinung nach beispielsweise nach verfeinert werden müssen und wirkt etwas unfertig und platt. Dennoch ist EILERA eine willkommene und experimentelle Band in einem Umfeld, welches nicht gerade dafür bekannt ist, besonders erfinderisch und eigenständig zu sein. Alle, die etwas für Folk, Gothic, Electro und Metal überhaben, sollten zumindest mal reinhören. Das werden schon einige sein, und einem Teil davon wird es gut munden.
Wertung: 7.5 / 10