Review Eigengrau – Radiant

Nachdem Rise Of Avernus im Januar 2018 ein hervorragendes Symphonic-Death-Album mit dem kryptischen Titel „Eigengrau“ herausgebracht haben, erscheint nur wenige Monate später unter demselben Namen eine gänzlich anders ausgerichtete Musikgruppe auf der Bildfläche: EIGENGRAU stammen aus Dänemark und spielen auf ihrem Einstandsalbum „Radiant“ instrumentalen Post-Rock mit leicht progressiven Tendenzen. An sich könnte man davon ausgehen, dass in diesem Genre auch ohne Worte bereits alles gesagt worden ist, doch wie etwa zuletzt Coldbones mit ihrem Debüt zeigten, kann es sich durchaus lohnen, motivierten Newcomern auch jetzt noch eine Chance zu geben. Also gleich mal die Kopfhörer rein und los geht’s.

Jegliche Befürchtung, EIGENGRAU würden aufgrund ihres noch jungen Bestehens gerade mal die Mindestanforderungen ihrer Musikrichtung erfüllen, wird auf dem Opener „Once I Was“ ohne Umschweife aus dem Weg geräumt. Im Zuge der beinahe zwölf Minuten langen Einstiegsnummer geben sich sämtliche Merkmale der Platte ein erstes Stelldichein: Grobschlächtige Djent-Spielereien werden hier ganz wie von selbst in ätherisch hallende und leise trippelnde Clean-Gitarren und Drums im typischen Post-Rock-Stil eingebettet. Die unverzerrten Saitentöne, durch welche die Tracks den Hörer in eine wunderbar träumerische Stimmung versetzen, bilden eindeutig das Herzstück von „Radiant“.

Einschläferndem 08/15-Geklimper räumen EIGENGRAU in ihren Songs jedoch zum Glück keinen Platz ein. Die Kompositionen des Quintetts sind stets von einem belebten Flow durchdrungen, was mitunter daran liegt, dass die Dänen von zahlreichen Möglichkeiten der von ihnen gewählten Spielart Gebrauch machen – wenn auch nicht in völlig neuartiger Form. Dem nuancierten Songwriting trägt auch die transparente Produktion Rechnung, durch die viele der spielerischen Feinheiten erst ans Tageslicht befördert oder eigens durch verschiedene Effekte kreiert werden.

Die Dynamik, aus welcher die Clean-Gitarren wie auch die energetischen Leads ihr Ausdrucksvermögen beziehen, erfährt durch die abgehackten Prog-Rhythmen an manchen Stellen jedoch leider einen gewissen Abbruch, so zum Beispiel im phasenweise unangenehm disharmonischen „Nuuretarik“. Obwohl EIGENGRAU damit zumindest spielerisches Geschick und ihr Bemühen um einen eigenständigen Sound beweisen, tun sich die Djent-Einsprengsel letzten Endes doch eher als Störfaktor hervor.

EIGENGRAU haben mit „Radiant“ weder das progressivste noch das denkwürdigste Post-Rock-Full-Length der letzten Jahre abgeliefert, daran besteht trotz all seinen Vorzügen kein Zweifel. Das Debüt der Dänen wäre auch ohne die stocksteifen Djent-Einschübe bestens ausgekommen und dauerhaft herausstechende Stücke oder wenigstens Abschnitte hat „Radiant“ kaum zu bieten. Trotzdem ist die Professionalität, die EIGENGRAU schon so früh in ihrer Bandgeschichte zur Schau stellen, lobenswert. Wer vor allem Wert auf sinnvolle Arrangements und feinfühlig abgestimmte Produktion legt, wird auf „Radiant“ gewiss gut unterhalten.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert