EIBON LA FURIES: Klingt französisch, das Quartett stammt jedoch aus Großbritannien. „The Immoral Compass“ wird als Industrial-Black-Metal ausgeschrieben, bedient aber eine Mischung aus Dark Metal mit Gothic-Touch und symphonischen Anleihen. Anstatt Industrial im Sinne von Blacklodge oder Aborym zu liefern, überraschen die Engländer mit Keyboard-lastigen Melodiebögen und dem Versuch des Growlings. Insofern es die Band also auf Verwirrung beim Zuhörer anlegt, ist ihr dies mit dem zweiten Full-Length gelungen, denn EIBON LA FURIES sind auf mehreren Ebenen nicht zu verstehen.
In einem Interview benennt der Sänger Lord Eibon Blackwood als direkte Einflüsse die avantgarden Größen Arcturus sowie Sigh und setzt EIBON LA FURIES in direkter Linie zu deren individuellen musikalischen Schaffen – autsch. Von einem „La Masquerade Infernale“ ist die Band ebenso weit entfernt wie von einem „In Somniphobia“! Die Engländer konstruieren zu sehr ihre Musik und scheinen ein vermeintliches Erfolgsrezept im Hinterkopf zu haben: Häufige Tempo- und Melodiewechsel + teils mehrfache Gitarren-Soli in jedem Song + regelmäßig ruhigere Parts + Unterstützung durch Backround-Gesänge = gute Musik. Mitnichten! Intelligent gesetzte Übergänge beherrschen EIBON LA FURIES ebenso wenig wie das Gespür für gut platzierte Soli oder akustische Stellen. Kompositorisch offenbart „The Immoral Compass“ vor allem eines: Das Quartett kann vieles, es nur nicht gut zusammenfügen. Die stilistische Erhabenheit der Norweger und Japaner wird von EIBON LA FURIES versucht zu vereinnahmen, es ist den zehn Tracks leider in jeder Minute anzumerken.
Die Betonung der Snare in „Who Watches The Watcher“ verdeutlicht zwar, dass Drummer Battalion des schnelleren Spiels mächtig ist, wirkt aber so unpassend in den Song gepresst wie der vor harmonischer Anbiederung driftende Refrain in „Immoral Compass To The World“. Das Gekrächzte von Lord Eibon Blackwood findet besonders in „Conjure Me“ einen traurigen Höhepunkt, denn er traut sich weder Klargesang noch Growling zu. Entweder nutzt er ein tiefes, überaus inszeniert wirkendes Brummen oder ein ausdrucksloses Gekeife. Auf einem Hörbuch mag diese Stimme einen Erzählstrang gut widergeben, auf einem Album wirkt sie aber weder spannend noch authentisch.
Geschmäcker sind verschieden, weswegen ich mir sicher bin, dass auf „The Immoral Compass“ Lobeshymne entfallen werden, welche die Fortschrittlichkeit der progressiven Wechsel ebenso zu huldigen wissen wie den Mut, die Stimme und die Chor-Imitation bewusst als stilistisches Element in Szene zu setzen. Fortschrittlichkeit ist aber kein Gütesiegel, wie EIBON LA FURIES unter Beweis stellen: Nicht die Quantität der Einflüsse und musikalischen Mittel, sondern die Qualität ihrer Zusammenstellung muss überzeugen. Das mag nur ein Punkt in der Produktion eines Albums sein, aber der wichtigste, an dem sich die Geschmäcker scheiden.
Wertung: 4 / 10