Review dredg – Catch Without Arms

Irgendwann mal im Sommer 2006 befand ich mich, es war wohl so 13:15, auf einem Hügelchen beim Beachvolleyballfeld an meiner ehemaligen Schule. Ausnahmsweise schien sogar mal die Sonne auf meinen Bauch, der zwar damals noch nicht so groß war wie heute, sich aber trotzdem darüber sehr freute. Die Sache hatte jedoch einen Haken in Form der um 13:45 anstehenden Biologieklausur. Was dies alles nun mit der CD zu tun hat? Nun gut, ich weiß nicht mehr, ob es nun drei, vier oder fünf Punkte waren, die ich letztendlich mir aus den Fingern saugen konnte, aber ich kann mich immer noch daran erinnern, dass ich zu diesem Zeitpunkt „Ode To Sun“ von DREDG quasi in der Dauerschleife gehört habe. Ein Song wie maßgeschneidert für solche Tage.

Nun hat es draußen 0 °C, Schnee liegt auf dem Dachfenster, es sollte laut Kalender Frühling sein und scheinbar ist auf die Klimaerwärmung einfach kein Verlass. „Ode To Sun“ ist ein derart lebenshungriger Titel, der hier kaum hinein zu passen scheint. Nichtsdestotrotz: Mit einem Song wie diesen ist es nie wirklich regnerisch, kalt oder trüb im Herzen und das ist genau der Punkt. Ganz nebenbei ist das ein schlichtweg perfekter Einstieg in das erst dritte Album „Catch Without Arms“ der Band DREDG aus Kalifornien, wo es bekanntlich niemals regnet.

Man hat sich von der allzu großen Experimentierfreude und Kopflastigkeit, die auf „El Cielo“ und „Leitmotif“ noch vorherrschte, verabschiedet und präsentiert sich so melodiöser als je zuvor. Trotzdem findet man auf dem Album textlich gesehen ein sehr interessantes Konzept vor, das die verschiedenen Gegensätze bzw. Kontraste im Leben behandelt und gerade deshalb wohl das persönlichste der Bandgeschichte ist. Dies spiegelt sich sowohl zwischen, als auch innerhalb der Stücke wieder. So „Bug Eyes“ beschreibt den Gegensatz von Leben und Tod gesehen mit den Augen eines Käfers, wie der Titel schon verrät. Ein Gedicht an musikalischer Geschmeidigkeit, schiere Perfektion, eine Symphonie aus Gesang, Gitarre, Bass und Schlagzeug.

„Sing about love, sing about lust…so they will care…that’s what happens when you compromise your art“ – Nein, dredg sind alles andere als trivial und gewöhnlich. Im Titelsong betrachtet man sich als Band im Musikgeschaft durch eine Art Prisma selbst. Die Gruppe bietet einen derart nahrhaften Boden für das Stimmorgan von Hayes, dass ihm die exklusive Aufgabe zukommt das Ganze nur noch dezent zu verfeinern, was ihm zu jedem Zeitpunkt gelingt.Einen Gegensatz zu eben jenen sehr geschmeidigen Nummern bildet vor allem „The Tanbark Is Hot Lava“, das eine ganz eigene Dynamik entwickelt. Vor allem Drummer Dino darf sich hier austoben und gibt den typischen Slidegitarren einen Rhythmus vor, der hier sogar noch eher als die Melodie im Kopf bleibt.Was aber viel eher verblüfft ist Folgendes: Die Jungs schaffen es spielend einfach Kontraste zu vereinen, wie man es nicht für möglich hält. Das ist bei weitem nicht nur ein Spiel mit laut und leise, Licht und Schatten, sondern eben auch den mir sehr wichtigen seelischen Zwischentönen.
Musikalisches Dichte und Volumen trifft auf Freiheit und Frische. Das alles wird mit scheinbar einfachen Mitteln mühelos erreicht, was die Musik aber ausgesprochen intelligent wirken lässt.

„Sang Real“ und „Jamais Vu“ sind dabei für mich irgendwie entrückt, schwer in dieses Spiel der inneren und äußeren Gegensätze einzuordnen. Beide sind losgelöst, beinahe schwerelos schwebend und nur mit dem Wort „schön“ zu beschreiben. Das Schöne ist auch, dass man bei jedem Durchlauf, und ich besitze das Album nun seit etwa zwei Jahren, neue Facetten entdeckt oder plötzlich einen ganz neuen Lieblingssong auf dem Album hat. Eigentlich ist es unfair hier nur einige Songs anzusprechen, denn jeder für sich gesehen ist ein wenig verschieden, aber alle sind sie absolut brilliante kleine Kunstwerke in einem großen Gesamtkunstwerk.

Dieses Album gehört ohne Zweifel zu meinen absoluten „All-Time-Favourites“, wie man so schön sagt. Unterstrichen wird das alles von der liebevollen Illustration des Booklets. Wirklich abgeschlossen wird es jedoch, abgesehen vom Bonus Track „Uplifting News“, von einem Song der seinem Untertitel in jeder Weise gerecht wird: „Matroshka (The Ornament)“. Knapp sechs Minuten Klänge, in denen man baden möchte. Behutsam und träumerisch, sanft, vertraut, wunderschön. Es ist eine kaum zu greifende Fülle an Eindrücken, die man zu Papier bringen will und irgendwie ein ordentliches Adjektiv formen möchte, das das alles beschreibt. So kann ich nur abschließend, von allen seelischen Altlasten befreit, sagen, dass „Catch Without Arms“ für mich auf einer Skala von null bis zehn eine mehr als solide 47 erreicht.

I was looking down at you smiling up at me
For once I held you tight, but shadow hands grabbed at me
You’re head was in the clouds, now those clouds are in your head
It’s when you needed me, so I listened to want you said

Wertung: 10 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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