Mit ihrer Namenswahl haben DREADNOUGHT sich keinen Gefallen getan. Gibt man das Wort im Suchfeld der größtenteils akribisch geführten Metal-Archive ein, tauchen vier gleichnamige Bands auf – die hier gemeinte Progressive-Metal-Formation aus Colorado ist jedoch nicht darunter. Auch in den Ergebnissen herkömmlicher Suchmaschinenanfragen ist das Quartett nicht gerade prominent vertreten – ein fataler Umstand, entscheidet die launische Gottheit der Suchmaschinenoptimierung (SEO) heutzutage doch mehr über den Erfolg einer Band als die Qualität ihres Outputs. Im Fall von DREADNOUGHT ist dieser trübe Ausblick umso bedauerlicher, als ihr fünfter Full-Length-Release, „The Endless“, ein erstklassiges Album ist, das Metal-Fans aus den unterschiedlichsten Lagern von den Socken hauen könnte.
DREADNOUGHT spielen nämlich keineswegs bloß Progressive Metal, wie man ihn von zahllosen Dream-Theater-Nacheiferern bereits zur Genüge gehört hat. Anstatt großkotzig und ohne Maß und Ziel instrumentale Kunststücke vorzuführen, bringt die Band ihr spielerisches Können in Form eines stilistisch breit gefächerten und dennoch konsistenten Sounds zur Geltung. Dass DREADNOUGHT sich nicht bloß zur Zierde wandlungsfähig geben, schlägt sich besonders deutlich im stimmigen Spannungsbogen der Platte nieder – eine nicht unwesentliche Stärke des Albums, ist „The Endless“ schließlich ein Konzeptalbum, das die zerstörerische und zugleich potenzialträchtige Natur des Menschen in einem postapokalyptischem Setting ergründet.
Ihre musikalische Finesse stellen DREADNOUGHT bereits im Opener „Worlds Break“ unumstößlich unter Beweis: Mit geradezu selbstverständlicher Leichtigkeit vereint die Band darin den mächtigen Groove Opeths (zu ihren besten Zeiten) mit der verspielten, unnahbaren Erhabenheit von Alcests „Kodama“. Im Verlauf des gut 40 Minuten langen Albums tanzen elegante, stimmungsvolle Piano-Arrangements, surrende Synthesizer, ominöse Orgelklänge, über allem schwebende Post-Metal-Gitarrenleads und gewitztes Drumming, dem etwas von der Urtümlichkeit von Tribal-Beats anhaftet, einen überraschend flüssigen Reigen.
Nicht minder fantastisch ist die Performance der beiden Sängerinnen, die gefällige Hooks, verheißungsvoll geraunte Gesänge, wortlose Stimmspielereien und furienhafte Screams umfasst – je nachdem, was sich in der jeweiligen Passage gut macht. Sowohl innerhalb der Songs als auch von Stück zu Stück herrscht ein stetes Auf-und-Ab. So erschaffen DREADNOUGHT im Titeltrack mit Clean-Gitarren und sphärischen Soundflächen eine geheimnisvolle Atmosphäre, „Liminal Veil“ krönt sich mit besonders imposanten Riffs zum Höhepunkt der Tracklist und „The Paradigm Mirror“, das phasenweise an Esben And The Witch denken lässt, bildet mit seinen neuerlich sehr präsenten Synthesizern und seinem endgültigen Grundton einen gelungenen Abschluss.
Es ist ein Jammer, dass „The Endless“ vermutlich ein Geheimtipp bleiben wird, haben DREADNOUGHT damit doch eines der stärksten Metal-Alben vorgelegt, die 2022 zu bieten hat. Mit seinem interessanten Konzept, seinem vielseitigen Songwriting, in dem alle Stilelemente wie Zahnräder ineinandergreifen, seiner soliden, wenn auch etwas zu dünnen Produktion und der tadellosen Performance der Band hätte das Album definitiv das Zeug dazu, die Jahresbestlisten anzuführen. Wer Jinjer ihren aus heiterem Himmel gekommenen Erfolg gönnt, mit dem Djent-Einschlag im groovenden Progressive Metal der ukrainischen Shootingstars jedoch nicht ganz warm geworden ist, sollte von DREADNOUGHT auf „The Endless“ restlos begeistert werden.
Wertung: 8.5 / 10