Wie eine Mischung aus dem eiskalten Black Metal von Judas Iscariot und dem sich in luftige Höhen aufschwingenden Post-Rock von Klimt 1918 soll sie klingen, die Musik von DRAWN INTO DESCENT. Zählt man eins und eins zusammen, erschließt sich aus dieser Zielsetzung, dass sich das belgische Quartett auf seinem zweiten Album „The Endless Endeavour“ einem ganz bestimmten Stil verschrieben hat: dem Blackgaze. Was eingangs vielleicht noch wie eine nie zuvor dagewesene Kombination erscheinen mag, wurde in Wahrheit bereits von so mancher Band erprobt – manchmal mit Erfolg, oftmals jedoch leider ohne die erhoffte Wirkung zu erzielen. Freilich muss man als Künstler nicht unbedingt eine neue Musikgattung begründen, um sich um seine Zuhörer verdient zu machen. Lohnt es sich also, DRAWN INTO DESCENT Gehör zu schenken?
Das furiose Drumming, mit dem der elfminütige Opener „Dystopia“ nach einem kurzen, dröhnenden Gitarrenintro losbricht, scheint die Bejahung dieser Frage schon früh vorwegzunehmen. Einige mit bedrückenden Riffs, Blast-Beats und Mitleid erregenden Screams gefüllte Minuten später, verkehrt sich diese voreilige Vermutung jedoch leider ins Gegenteil. Was DRAWN INTO DESCENT auf „The Endless Endeavour“ von sich hören lassen, legt sich zwar tatsächlich wie ein bleierner Mantel über das Gemüt und erreicht damit im Grunde genau das, was eine depressive Black-Metal-Platte bewirken soll. Wegen der eintönigen Arrangements wird aus der anfänglich vermittelten Tristesse jedoch schnell eine dumpfe, phlegmatische Teilnahmslosigkeit. Nicht ein einziger Ton des Eröffnungstracks hinterlässt einen dauerhaften Eindruck oder macht sich mit irgendeiner Besonderheit bemerkbar.
Weder die melancholischen Leadgitarren, die von der Rhythmusfraktion rücksichtslos verdrängt werden, noch der ruhige, nichtssagende Break im späteren Mittelteil können den Track dem eisernen Griff der Belanglosigkeit entreißen. Erst im anschließenden „Wither“ gelingt es DRAWN INTO DESCENT, den Melodien etwas mehr Raum zu verschaffen und damit an das Empfinden des Hörers anzuknüpfen – leider nur vorübergehend. Das einzige Musikstück, das mehr oder weniger vollständig zu gefallen weiß, ist das knapp fünfminütige instrumental „Death…“, das mit seinen verhallenden Clean-Gitarren und seinen stimmig variierten Leads einen schönen Auftakt zu dem anschließenden „…Embrace Me“ bildet.
Danach bekommt man es wieder größtenteils mit denselben lustlosen Standard-Blackgaze-Kompositionen zu tun, die schon die ersten beiden Tracks zur Ausdruckslosigkeit verdammten. Wie bereits zu Beginn bekommt man immer wieder kurz das Gefühl, dass DRAWN TO DESCENT doch noch die Kurve kriegen, zumal das Album produktionstechnisch durchaus professionell klingt, nur um alsbald enttäuscht festzustellen, dass „The Endless Endeavour“ fast nur aus mäßig gut recyceltem Material besteht.
Auf ihrer zweiten LP haben DRAWN INTO DESCENT grundsätzlich passable Arbeit geleistet. Die Songs sind konsistent und mit ihren Übergängen von schleppenden zu rasenden Tempi eigentlich auch halbwegs abwechslungsreich, an der Produktion gibt es bis auf die zu leise abgemischten Leadgitarren nichts zu meckern und auch optisch wurde „The Endless Endeavour“ gut in Szene gesetzt. Der musikalische Gehalt der Platte lässt hingegen derart zu wünschen übrig, dass die solide Umsetzung keinen ausreichenden Ausgleich schafft. Angesichts der Vielzahl an anderen Bands, die exakt denselben Stil um so vieles interessanter zu gestalten wissen, gibt es vorerst kaum Anreize, DRAWN INTO DESCENT einen Platz im CD-Regal freizuhalten.
Wertung: 5 / 10