Im Review zu DRAGONLORDs Erstling „Rapture“ schrieb ich, dass Eric Peterson wohl mit Testament nicht so viel um die Ohren hat, immerhin kloppte er ja so mir nichts dir nichts seine eigene Black Metal Kapelle zusammen. Aber so ganz scheint das nicht zu stimmen, denn immerhin dauerte es nach dem Debut geschlagene vier Jahre, bis die Zweitband des Mannes mal wieder ein Lebenszeichen von sich gab. Okay, es gibt da ganz andere Bands, die noch viel länger brauchen (hy Wintersun), aber trotzdem sollte man meinen, dass es doch kein so großer Akt ist, mal eben ein neues melodisch symphonisches Black Metal Opus aus dem Ärmel zu schütteln. So bekannt und beliebt war der Erstling ja nu nicht, dass man da Erwartungen jenseits von Gut und Böse geschürt hätte, also wird es wohl wirklich die testamentarische Arbeit gewesen sein, die Peterson da ein Bein stellte (wo mir gerade auffällt, seit dem zweiten Album sind’s schon wieder vier Jahre ohne neue CD… wird mal wieder zeit, oder?).
Wurscht egal woran’s lag, 2005 kam (nach einem Besetzungswechsel am Bass, Steve DiGiorgio ging, Derrick Ramirez kam, der ist mittlerweile aber auch wieder raus) der zweite Streich von DRAGONLORD mit dem Titel „Black Wings Of Destiny“ heraus und aus irgend einem Grund (ich kannte und mochte den Erstling da schon verdammt gern) war das sogar eine CD, die ich damals mit meinem mageren Schülertaschengeld nicht nur zum Vollpreis erstand, sondern wenn ich mich recht entsinne auch noch vorbestellte. Meine Erwartungen waren also nicht niedrig und so musste der Zweitling sich einer harten Bewährungsprobe stellen, nachdem das schick aufgemachte Digipack bei mir eingetroffen war. Erwartungen, die er erfüllte, wenn auch nicht wirklich meilenweit übertraf.
Um noch mal zu rekapitulieren, „Rapture“ war eine feine kurzweilige, teilweise epische, teilweise atmosphärische, oft ziemlich brutale Angelegenheit mit zu kurzer Spieldauer. Aber theoretisch war der eingeschlagene Werk der richtige, wenn ihr mich fragt. Nicht so, wenn ihr Bandchef Peterson fragt, denn der entschied sich bereits auf dem zweiten Album für eine Richtungskorrektur. Keine Ahnung wieso, aber scheinbar war ihm „Rapture“ zu fies, weswegen „Black Wings Of Destiny“ ein ganzes Stück harmloser daher kommt, zum Glück aber nicht minder cool.
Wie äußert sich das nun? Die Grundzutaten sind dieselben geblieben, immer noch schreit Peterson sich brutalst die Seele aus dem Leib, sägt die Gitarre ordentlich, bollert das Schlagzeug ziemlich flott daher, kommt auch mal der Bass durch, aber das Keyboard hat einen wesentlich größeren Stellenwert eingeräumt bekommen als noch auf Rapture. Öfter darf es jetzt in den Vordergrund treten, mal mit größeren Orchesterarrangements wie bei „Blood Voyeur“ (das auch mit ein paar schnieken Chören punkten kann), hin und wieder aber auch als relativ simpler Pianoversatz, hier ist alles dabei. Glücklicherweise hat Peterson über diesen Punkt hinaus aber nicht vergessen, der Gitarre wieder mindestens genau so viel Platz wie auf dem Debut einzuräumen. Es wird soliert wie eh und je, aber… irgend etwas ist anders.
Beim Übertrack des Albums, „Sins Of Allegiance“, klingt diese Veränderung schon an, wirklich offenkundig wird sie aber erst beim zweiten Bonustrack, dem Thin Lizzy Cover „Emerald“. Hier werfen DRAGONLORD nämlich (fast) jedes Fünkchen Black Metal über Bord (einmal kreischt Peterson noch ins Mikro, aber ob das zählt?) und setzen den Klassiker im extrem straighten Epic Heavy Metal Stil um. Und genau das sind auch die Anleihen, die man vorher schon des öfteren bemerkt hat, ob in einem der zahlreichen Soli, in der Bridge von eben genanntem „Sins Of Allegiance“, im Refrain von „Until The End“ (der Klargesang macht’s), das sind doch ganz klare Heavy Metal Komponente. Und so sehr diese auch die Bösartigkeit der Musik untergraben, so sehr heben sie das Material auch gleichzeitig auf eine ganz andere Ebene. DRAGONLORDs Musik klingt nicht mehr so heftig wie noch auf „Rapture“, dafür wesentlich innovativer, frischer, abwechslungsreicher.
Bleibt noch die Frage mit der Spielzeit, die ja auf „Rapture“ noch der letztendliche Knackpunkt war. „Black Wings Of Destiny“ ist eine gute Dreiviertelstunde lang und damit deutlich länger als der Vorgänger, aber das wurde mehr oder minder künstlich herbeigeführt, nämlich durch die beiden Cover am Ende (die zusammen gute sieben Minuten dauern und wenn man die abzieht kommt man auch wieder auf eine „Rapture“-ähnliche Spieldauer). Ärgerlich, da man sich die Verwurstung von Mercyful Fates „Black Funeral“ wohl hätte sparen können – der Track ist echt nix besonderes und schwächer als jeder Originalsong von DRAGONLORD – aber „Emerald“ will ich echt nicht missen. Gemeinsam mit „Sins Of Allegiance“ wohl der Anspieltipp des Albums. Des verdammt guten Albums, that is.
Wertung: 8.5 / 10