2019

Review Downfall Of Gaia – Ethic Of Radical Finitude

DOWNFALL OF GAIA gehörten stets zu den eher schwer zugänglichen Vertretern der deutschen Post-Black-Metal-Szene. Mit seinem von Sludge Metal und Post-Rock durchtränkten Stil, dem die Crust-Punk-Wurzeln der Band bisweilen noch anzuhören waren, hat sich das Quartett von Anfang an von dem sterilen, klar durchstrukturierten Grundton abgehoben, der sich in dem Genre weitreichend etabliert hat. Auf sperrigen, überlangen Alben wie „Suffocating In The Swarm Of Cranes“ trafen die unterschiedlichsten Extreme aufeinander, womit die Deutschen für eindrucksvolle, aber auch alles andere als einfach zu verarbeitende Hörerlebnisse sorgten. Auf ihrer fünften Platte „Ethic Of Radical Finitude“ spielen DOWNFALL OF GAIA weiterhin mit Gegensätzen, begnügen sich allerdings wie schon auf dem Vorgänger „Atrophy“ mit einer eher bekömmlichen Gesamtlänge von 40 Minuten.

Mit Easy-Listening haben DOWNFALL OF GAIA freilich immer noch nicht viel am Hut. So beginnt „Ethic Of Radical Finitude“ mit einem derart leisen Ambient-Intro („Seduced By…“), dass man schon genau hinhören muss, um die darin zum Ausdruck kommende, bedrückende Stimmung in sich aufnehmen zu können. Wie aus dem Nichts bricht das darauffolgende „The Grotesque Illusion Of Being“ jedoch mit der ersten von vielen furiosen, atemberaubenden Drumrolls die lethargische Stille und mit einem Mal findet man sich inmitten eines Orkans aus gramvollen, wie gespien klingenden Screams, tragischen Tremolo-Riffs und intensiven Blast-Beats wieder. Die schiere Wucht, die DOWNFALL OF GAIA hier entfesseln und den Großteil des Albums über aufrechtbehalten, ist zugleich erschütternd und beeindruckend.

In jeder einzelnen, niederdrückenden Note ist das in den Texten thematisierte, tiefe Sehnen nach einem seelischen Zuhause unmittelbar spürbar. Niemals ziehen sich die Stücke in die Länge, nichts an ihnen erscheint belanglos oder repetitiv, mögen sie mitunter auch bis zu zehn Minuten lang sein. Der Hauptgrund dafür ist leicht auszumachen: „Ethic Of Radical Finitude“ steckt voller kleiner Überraschungen, die DOWNFALL OF GAIA nahtlos und konsistent in ihren markanten Stil eingearbeitet haben. Hier ein kurzer Glockenspiel-Break („We Pursue The Serpent Of Time“), da ein feinfühliges Solo („As Our Bones Break To The Dance“), erhabener Klargesang oder ein luftiger, verwässerter Clean-Part, der selbst auf eine alte The-Cure-Platte gepasst hätte („Of Withering Violet Leaves“) – nichts wirkt hier aufgesetzt oder unpassend.

Auch die kontemplativen Post-Rock-Phasen, die nicht selten mehrere Minuten am Stück in Anspruch nehmen, tun der emotional zerrüttenden Grundstimmung keinen Abbruch. Sie zeigen sie bloß von einer anderen Seite. Dass sich DOWNFALL OF GAIA im letzten Drittel von „Guided Through A Starless Night“ ausschließlich auf träumerische Clean-Gitarren und in resigniertem Tonfall gesprochene Worte beschränken, nimmt dem Track nicht etwa seine niederschmetternde Schwere, sondern vermittelt diese schlicht in einer anderen Form, was in einer tief berührenden Klimax resultiert. Die perfekt ausbalancierte, vielschichtige und druckvolle Produktion, setzt dem Album vollends die Krone auf.

Vor der Veröffentlichung war angekündigt worden, dass „Ethic Of Radical Finitude“ das bisher melodischste und strukturell nachvollziehbarste Album der Band werden sollte, nachdem sich DOWNFALL OF GAIA diesmal mehr Zeit für die Vorproduktion genommen hatten. Bereits nach dem ersten Hördurchlauf ist klar: Es waren nicht bloß leere Versprechungen. Das fünfte Album der Post-Black-Metaller ist eine in jeglicher Hinsicht gelungene Gratwanderung. Immer noch unverkennbar sie selbst, haben DOWNFALL OF GAIA ihren Sound kanalisiert und mit neuen Nuancen angereichert. Gerade weil die Songs eine Spur geradliniger aufgebaut sind als die früheren Releases, kommen die vertonten Gefühle noch unumwundener beim Hörer an, weshalb es letzten Endes doch gar nicht so einfach ist, DOWNFALL OF GAIA zuzuhören, ohne selbst der Schwermut zu verfallen.

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Wertung: 9 / 10

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