Dool - The Shape Of Fluidity Cover

Review Dool – The Shape Of Fluidity

Die einzige Konstante ist die Veränderung. Diese auf den griechischen Philosoph Heraklit zurückgehende Weisheit hat ihre Aktualität (ironischerweise) bis heute nicht verloren. Mitunter kann eine Veränderung schlicht in der Erkenntnis und Akzeptanz einer Tatsache bestehen. So etwa im Fall von Raven van Dorst: Als intergeschlechtlicher Mensch geboren, nach einem operativen Eingriff jedoch in das Korsett der Weiblichkeit gezwängt, gab die Frontperson der niederländischen Dark-Rock-Band DOOL im Jahr 2021 schließlich bekannt, ihren Namen gewechselt zu haben und sich fortan keinem Geschlecht zuzuordnen. Das Thema des Wandels – insbesondere im Kontext der Identität – steht auch im Zentrum von „The Shape Of Fluidity“.

Ganz im Sinne eines Gesamtkunstwerks zieht sich das Konzept, das DOOL ihrem vierten Album zugrunde gelegt haben, in mehrfacher Hinsicht durch die Platte. Songtitel wie „Self-Dissect“ und „The Hand Of Creation“ sprechen ebenso von Selbst(neuer)findung und Veränderlichkeit wie das kunstvolle Artwork, das eine vom französischen Künstler Metastazis durch Kälte erhärtete Flüssigkeit in Form einer Flagge zeigt. Mit ihrer Musik, die sich stilistisch in der Grauzone zwischen Doom Metal, Progressive und Post-Rock bewegt, haben DOOL indes schon seit ihren Anfangstagen Grenzen verschwimmen lassen.

Dass „The Shape Of Fluidity“ keineswegs einen stilistischen Neubeginn, sondern eine nahtlose Fortführung des zuletzt auf „Summerland“ (2020) Gehörten darstellt, steht jedoch in einem gewissen Widerspruch zum Kerngedanken des Werks. Diese kleine Inkongruenz stört allerdings nur geringfügig, legen DOOL hiermit doch erneut eine wirklich starke Sammlung von Songs vor. Mal dynamisch und kraftvoll treibend wie im besonders packenden „Evil In You“, mal im bedeutungsschweren Downtempo wie im Titeltrack überzeugen die von Magnus Lindberg und Ted Jensen hervorragend produzierten Stücke im Grunde allesamt mit einem soliden Grundgerüst und eingängigen Hooks.

Neben den einmal mehr stimmig und unaufdringlich eingestreuten Besonderheiten wie den gelegentlich orientalisch anmutenden Gitarrenmelodien („Self-Dissect“) und den wehklagenden Streichern in „House Of A Thousand Dreams“ ist wie immer Ravens Darbietung am Mikro die Trumpfkarte von DOOL. Schon im drängenden Opener „Venus In Flames“ legt das charismatische Gesangstalent seine bislang eindrucksvollste Performance hin und auch in „Hermagorgon“ strotzt seine so markante wie markige Stimme nur so vor geballter Kraft.

Wer nach Raven van Dorsts persönlichem Befreiungsschlag und der Ankündigung des zweifellos davon inspirierten Albumkonzepts einen radikalen Kurswechsel bei DOOL erwartet hat, könnte von der rund 50 Minuten langen Platte anfangs womöglich ein wenig enttäuscht sein. Letztlich steht „The Shape Of Fluidity“ den vorherigen Werken des Quintetts jedoch in rein gar nichts nach und an einigen Stellen wächst die Band sogar über sich selbst hinaus. Anstatt sich effekthaschend Innovation auf die Fahne zu schreiben, überzeugen DOOL hier abermals mit ihrem Gespür für stimmiges Songwriting und einer Konsistenz, die ihresgleichen sucht. Womöglich ist Beständigkeit ja doch nicht so unmöglich, wie von Heraklit behauptet.

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Wertung: 8 / 10

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