Herkunftsland Norwegen – check! Irgendwie das Wort „Tod“ im Bandnamen – check! Ein stilvoll-düsteres, in Schwarz- und Grautönen gehaltenes Album-Artwork – check! Bei der Erstkontrolle lässt das Zwei-Mann-Projekt DØDSENGEL keinen Anlass zum Zweifel, dass es sich bei seinem vierten Full-Length „Interequinox“ um lupenrein truen Black Metal handelt. Wer sich die Platte mit dieser Supposition zu Gemüte führt, erlebt allerdings eine Überraschung, denn die beiden Norweger haben es sich hörbar zur Aufgabe gemacht, die Konventionen ihres Genres konsequent auszuloten.
Wie DØDSENGEL dabei vorgehen, ist im Einzelnen nicht einfach zu beschreiben. „Interequinox“ ist zuvorderst eine wahnsinnig interessante Platte, deren Facetten nur limitiert zu beschreiben sind und die man definitiv selbst hören muss, um eine adäquate Vorstellung davon zu bekommen. Worauf man sich schon einmal einstellen kann, ist eine Menge Abwechslung und Ideenreichtum: Das musikalische Spektrum umfasst treibende Black-Metal-Riffs und aggressive Schlagzeug-Attacken ebenso wie düstere, Unheil verkündende Akustik-Passagen. Hierzu gesellen sich Karks Vocals, die sämtliche Grenzen zwischen genretypischem Gekeife, fiesen DSBM-Schreien, Death-Growls und in sich ebenfalls facettenreichen Klargesängen ganz selbstverständlich negieren. Das Überraschungsmoment haben DØDSENGEL also zu jeder Zeit auf ihrer Seite, da man sich als Hörer nie sicher sein kann, womit die Norweger als nächstes auffahren. Das macht „Interequinox“ gewissermaßen unberechenbar und spannend.
Doch so vielversprechend das alles klingen mag, am Ende ist es, in gewisser Hinsicht jedenfalls, leider doch mehr Schein als Sein. Ein Kollege schrieb in einer seiner Reviews einmal sinngemäß, dass Musik nicht nur anspruchsvoll sein, sondern dem Hörer letztlich auch gefallen müsse – genau das ist der Aspekt, der „Interequinox“ letzten Endes trotz aller guten Ansätze schwierig macht. Die Musik verschließt sich dem Hörer leider zu sehr. Eine Band wie DØDSENGEL kann es freilich nicht zum Ziel haben, Musik zu komponieren, die sich bereits nach dem ersten Hördurchgang festsetzt. Von den elf Nummern klingt im Grunde kaum eine vollkommen so wie die andere, sodass jeder Song Wiedererkennungswert besitzt – die Momente, in denen die Musik den Hörer jedoch wirklich abholt, sind auch nach ausgiebigem Hören eher vereinzelt gesetzt und müssen, obgleich die Platte besonders gegen Ende durchaus mit einigen Nummern auffährt, die schnell Interesse am erneuten Hören wecken, in einem langen Prozess erarbeitet werden. Das ist per se nichts Schlechtes, nur machen es DØDSENGEL uns gefühlt unnötig schwer, sodass viele andere Gruppen, die Hörgewohnheiten brechen und mit anspruchsvoller Musik auffahren, die sich allerdings nach einer Weile doch im Gehör verankert, in dieser Hinsicht die Nase vorn haben.
Es fällt nicht nur schwer, „Interequinox“ adäquat zu beschreiben, sondern auch, die Platte resümierend zu bewerten. Es handelt sich um eines dieser Werke, bei denen man ob der Versiertheit der Musiker und der Abwechslung und des Anspruchs, die im Songwriting stecken, gerne eine höhere Wertung erteilen würde – dazu ist das Album letztendlich jedoch zu sperrig ausgefallen und kaum ein Kandidat für die Dauerrotation. Von einem künstlerischen Aspekt her ist die Scheibe Leuten, die sich gerne mit der Musik auseinandersetzen und sie analysieren, jedoch wärmstens zu empfehlen und für die hörbare Mühe, die im Songwriting steckt, haben sich DØDSENGEL die sieben Punkte redlich verdient.
Wertung: 7 / 10