Review Disillusion – Gloria

Um mal eines schon vorweg zu nehmen, ich werde ständige Vergleiche mit dem Vorgänger „Back To Times Of Splendor“ tunlichst vermeiden und die beiden Werke vielleicht nur in ihrem Genialitätsgrad nebeneinanderstellen und vergleichen, denn DISSILUSIONs neues Langeisen „Gloria“ ist anders, und zwar vollkommen anders als das Debüt der Leipziger. Da wären wir schon beim ersten Punkt angelangt, der (extreme) Metal-Anteil ist nun fast komplett gewichen, aber nicht rein progressiven Klängen, wie man vielleicht vermuten würde, sondern vielmehr elektronischen, atmosphärischen, alternativen und ambientartigen Elementen. Schon im Vorfeld machte sich aufgrund dessen teils große Verwunderung und Enttäuschung breit, anderswo nach einiger Zeit aber immer mehr Begeisterung, so stieß der vorab bereit gestellte Song „Don’t Go Any Further“ auf offene Ohren. Doch nicht nur akustisch, auch optisch ist die Veränderung spürbar, das Artwork wirkt alternativ bis philosophisch, auch die neuen Bandfotos sind eher ungewöhnlich und nebenbei bemerkt sind überlange Songs gar nicht mehr vorhanden, die Trackliste liest sich ungewöhnlich normal. Nun, was kommt da insgesamt auf einen zu, das ist die große Frage und da möchte ich gar nicht lange um den heißen Brei herumreden; „Gloria“ wird dem Titel gerecht und ist in allen Belangen grandios.

Eröffnet wird der Ausflug in eine surreale Welt von atmosphärischen, fast unmelodischen, dissonanten Streichern und Elektronikelementen, zu denen schnell das Schlagzeug hinzustößt. Klingt bisher ungewöhnlich alternativ, bis dann ein todesbleiartiges, doublebassunterlegtes Riff diese Stimmung unterbricht. Also alles beim Alten? Von wegen, nicht mehr lang braucht es, bis die Stimmung wieder umschlägt und die – zugegebenermaßen sehr gewöhnungsbedürftige – synthesizerverzerrte Stimme Schmidts die Strophe in einer Art Sprechgesang einleitet, bevor der Song im Refrain zu einer wunderbar melodischen, atmosphärischen, von klaren Frauengesängen begleitete und unglaublich eingängige, träumerische Hymne übergeht. Mehr als „Wow!“ oder „Was zur Hölle!?“ kann man nach diesem eigentlich nicht denken, in letzterem Fall tut es mir für den Hörer aber schwer Leid. Wer nun denkt, für DISILLUSION-Verhältnisse geht es gar nicht ungewöhnlicher, der wird vom folgenden „Dread It“ vermutlich schwer geschockt, denn hier wird der alternativ-progressive Hammer komplett ausgepackt und wäre der Titel nicht so verdammt krass und unkonventionell, wäre er aufgrund der großartigen Melodie in der Strophe und vor allem im Refrain glatt massentauglich – oder ist er das vielleicht sogar? Wie auch immer, an diesem Song ist wahrlich überhaupt nichts „typisch“, hier bricht der Dreier sämtliche Tabus, die vorher herrschten und schließt sich selbst fast komplett aus dem Genre Metal aus. Aber warum überhaupt eine Genrediskussion? DISILLUSION sind hiermit das beste Beispiel dafür, dass man einen genialen Mix aus nahezu sämtlichen Musikrichtungen dieses Planeten kreieren kann, ohne über die Stränge zu schlagen.

Das schon vorher angesprochene „Don’t Go Any Further“ beginnt mit einer erneut verzerrten, textlich wirklich seltsamen Sprechpassage, geht dann wieder eher in die Richtung Metal, wird dann aber zu einem unglaublich atmosphärischen Ambientesong, der lediglich im Refrain wieder auf das Mittel Rock bzw. Metal zurückgreift, in Genialität aber natürlich keinem der zwei vorhergehenden Songs nachsteht. Man möchte es gar nicht wahrhaben, aber hier wird einfach alles auf eine derartig eigenartige Weise alles perfekt gemacht, wie man es zuvor noch niemals erlebt hat. Und als wäre das noch nicht genug, legt jeder folgende Song nochmal eins drauf. „Avalanche“ schlägt da wieder eine komplett andere Richtung ein, ist aber erneut unbeschreiblich und einfach nur großartig, die grandiosen Melodien werfen einen einfach nur um und versetzen in eine tranceartige Traumwelt.

Muss ich hier wirklich noch großartig weiterumschreiben, was unbeschreiblich ist? Es gäbe viel zu erzählen, mehr, als ein Mensch in Worte fassen könnte, deswegen seien einfach nur noch das sehr melodische und eingängige „Save The Past“, das atmosphärische Instrumental „Lava“ und auch noch „Too Many Broken Cease Fires“ kurz angesprochen. Ach, was soll ich eigentlich noch sagen, eigentlich müsste man über jeden einzelnen Titel dieser Platte einen fünfzehnseitigen Aufsatz schreiben, denn die verschiedenen Elemente wechseln sich ständig ab, gehen aber stets Hand in Hand und fließen zu etwas großartigem zusammen, das sich weder zerpflücken, noch im Gesamten beschreiben lässt, weswegen ich auch beides gar nicht erst versuchen will.

Ich glaube, es gibt nicht mehr viel zu sagen. DISILLUSION sind womöglich eine der großartigsten Gruppen, die die Welt jemals hervorgebracht hat, dass sie jemals die verdiente Anerkennung und Aufmerksamkeit erhalten, wage ich trotzdem anzuzweifeln. Weiterhin weiß ich nicht, wem ich das Album ans Herz legen soll. Eigentlich gilt es hier keine Einschränkung zu machen, denn jeder offenherzige Hörer, der Musik liebt und lebt, sollte hieran gefallen finden. Jeder, dem das nicht möglich ist, hat mein vollstes Mitgefühl, denn er weiß nicht, was er hier verpasst. Er verpasst den Inbegriff der Musik, die Essenz und den „Spirit“, einfach alles, wie soll man das schon ausdrücken, ohne pseudophilosophisch zu wirken? Also, aufstehen, in den Laden gehen, das Album des Jahres, namentlich „Gloria“ kaufen, glücklich werden. Willkommen im Reich der Klänge, willkommen bei DISILLUSION. Zweifelt jemand?

Wertung: 10 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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