Albumcover DISILLUSION
November 2022

Review Disillusion – Ayam

Vor drei Jahren haben DISILLUSION mit „The Liberation“ das Comeback-Album hingelegt, das man Mastermind und letztem verbliebenen Gründungsmitglied Andy Schmidt so nur bedingt zugetraut hätte. Auf ihrer dritten Veröffentlichung überraschten die Sachsen damals mit einem „vollends ausgereifte[n], reine[n] Prog-Album, dessen Facettenreichtum im ersten Moment erschlagend wirkt“. Nun steht mit „Ayam“ die nächste Scheibe in den Plattenläden, auf der es wie auch beim Vorgänger erneut zu personellen Veränderungen gekommen ist.

Während die Gitarristen Haugg und Hupfer seit „Alea“ (2016) mit dabei sind, stießen nun Bassist Kranz und Schlagzeuger Schulz neu dazu, sodass sich der Bandälteste Schmidt über einen neuen Fundus an Ideen erfreut haben dürfte. Nicht nur das, beim rasanten Opener „Am Abgrund“ macht Schulz schon frühzeitig klar, dass treibender Death Metal genau sein Ding ist. Die Tempodrosselung in der zweiten Hälfte nutzt hingegen Kranz, um dem Ohr des Hörers mit seinem groovenden Bassspiel zu schmeicheln. Dabei wird gleichermaßen das Fanherz höherschlagen, denn DISILLUSION haben an ihrem auf „The Liberation“ gezeigten Songaufbau für Longtracks anscheinend nichts geändert.

Mit „Tormento“ folgt ein erfrischend kurzer, starker Prog-Metal-Song, der vom atmosphärischen „Driftwood“ abgelöst wird. Ob DISILLUSION besser im komplexen Prog Metal oder im sanften Prog Rock klingen, ist unmöglich zu sagen, denn die Sachsen belegen mit diesen Songs, dass sie locker beides beherrschen – einfach, weil ihr deutlicher Fokus auf Melodien in jeder Spielweise äußerst gut zum Tragen kommt. Dadurch ist es auch nicht verwunderlich, dass der zweite Longtrack dieser Platte, „Abide The Storm“, trotz seiner knapp zwölfminütigen Spielzeit nichts an Unterhaltung einbüßt. „Longhope“ schöpft den Quell an guter Unterhaltung dank eines gigantischen Refrains weiter aus, sodass man gewillt ist, über den folgenden schwächeren, da zu uneigenständigen Song „Nine Days“ hinwegzuhören und erst bei den letzten beiden Songs wieder die Lauscher aufzuspannen.

Allerdings fällt auch bei „From The Embers“ und „The Brook“ auf, dass ein Schnitt bei „Longhope“ dem Album gutgetan hätte; stattdessen reihen sich nach besagtem Track drei nicht vollends überzeugende Songs aneinander, von denen erst die zweite Hälfte des letzten Songs „The Brook“ wieder positiv aufhorchen lässt. Um Irritationen zu vermeiden: Diese Lieder sind qualitativ noch immer auf gutem Niveau, stehen aber im übermächtigen Schatten der vorherigen Tracks.

Nach dem Überraschungsmoment namens „The Liberation“ haben DISILLUSION ihre eigene Messlatte so hochgeschraubt, dass dessen Nachfolger von Anfang an unter dem hohen Druck stand, mithalten zu müssen. „Ayam“ gelingt das zwar über weite Teile des Albums, aber nicht mit jedem Song. Verkraftbar ist das aber allemal, da zwei Drittel der Platte jedem Prog-Fan ein breites Lächeln auf die Lippen zaubern dürften.

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Wertung: 8 / 10

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Ein Kommentar zu “Disillusion – Ayam

  1. Bis auf dass ich Nine Days als Song, der doch etwas aus der Reihe fällt, sehr gut finde, stimme ich deiner Rezension zu. Der Vorgänger ist nicht zu toppen gewesen, zum Glück haben sie es auch nicht versucht, sondern ein zwar dem aktuellen Disillusion-Feeling entsprechendes, aber trotzdem eigenständiges Album gezaubert. Gut, dass es beide Platten gibt – und die weiteren Vorgänger ;)

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