Kaum ein Album in der Geschichte des Metal wurde so oft neu aufgelegt wie das Debüt von DIAMOND HEAD. Das ergibt durchaus Sinn: Erstens war „Lightning To The Nations“ – oder auch das „White Album“, wie es ursprünglich hieß – mit seiner Veröffentlichung im Jahr 1980 die Initialzündung der NWOBHM, zweitens beruft sich mit Metallica die vermutlich größte Metalband der Welt auf besagte Platte als Haupt-Inspirationsquelle und drittens haben DIAMOND HEAD spätestens nach ihrem zweiten Output „Borrowed Time“ nichts Brauchbares mehr zustande gebracht. Dieser Tage wird „Lightning To The Nations“ einmal mehr neu veröffentlicht – der Kaufanreiz soll diesmal daher kommen, dass neben der hinlänglich bekannten Version des Albums auch der lange verschollene und ursprünglich von der Band vorgesehene Originalmix enthalten ist.
Eben weil „Lightning To The Nations“ schon so oft wiederveröffentlicht wurde, muss über die eigentlichen Songs nicht lange gesprochen werden. Nummern wie „The Prince“, „It’s Electric“, „Am I Evil?“ oder „Helpless“ wären auch ohne die Nachbearbeitung durch Metallica auf „Garage Inc.“ unsterblich geworden. Die Songs verfügen dank Riffs, die ihrer Zeit damals weit voraus waren und heute zum Fundament eines ganzen Genres gehören, noch immer über eine Magie, der sich kaum ein Fan britisch geprägten Metals entziehen kann. Es ist schade, dass DIAMOND HEAD ihren eigenen Erfolg nicht zu nutzen wussten, denn die Hitdichte ihres Debüts wurde nur von den wenigsten ihrer Zeitgenossen erreicht.
Was den Sound angeht, so liegt „Lightning To The Nations“ hier im bereits bekannten Mix vor, allerdings 2021 neu gemastert. Das Resultat ist ein ausgewogener, fetter Klang, der sich höchstens im Hinblick auf seine Lautheit von bisherigen Neuauflagen des DIAMOND-HEAD-Debüts abhebt. Der erwähnte „Lost Original Mix“ auf der gleichen CD unterscheidet sich davon minimal: Insbesondere auf Kopfhörern wirkt das Stereobild ein bisschen schmäler und die Gitarren etwas prominenter, was aber auch daran liegen kann, dass Orgel bzw. Synthies in dieser Version leiser sind. Dieser geringe Unterschied ist nur logisch, schließlich hat die Band die Songs – zumindest damals – nicht noch ein zweites Mal eingespielt, sondern lediglich erneut abgemischt.
CD 2 enthält das übliche Bonusmaterial, dem man auch schon auf anderen Neuauflagen von „Lightning To The Nations“ – etwa der 2017 bei High Roller erschienenen Vinylfassung oder der Doppel-CD-Version von 2011 – begegnet ist. Hier wurden neben der 1981 nachgeschobenen EP „Diamond Lights“ die Songs der Ende der 70er aufgenommenen Demos von DIAMOND HEAD vereint. Vor allem „Streets Of Gold“ und „We Won’t Be Back“ erweisen sich dank typischer Riffs als für die Briten durchaus repräsentative Songs und auch das überraschend filigrane „Waited To Long“ zeigt die Band von einer spannenden Seite.
Für alle, die „Lightning To The Nations“ noch nicht in ihrer Plattensammlung haben, ist diese Version wahrscheinlich die beste Wahl. Hier gibt es alles, was DIAMOND HEAD in ihrer kreativsten Phase geschaffen haben, in der denkbar besten Klangqualität, weshalb das Album in dieser Form jedem Erstkäufer wärmstens ans Herz gelegt sei. Weil der sagenumwobene „Lost Original Mix“ aber nur wenig spektakulär ist und obendrein noch nicht einmal das ganze Album in seiner „Urfassung“ zu hören ist, dürfte diese Neuerung für all jene, die „Lightning To The Nations“ schon in irgendeiner Form ihr Eigen nennen, kaum als Kaufgrund ausreichen – vom Augenkrebs verursachenden neuen Cover-Artwork gar nicht erst zu reden …
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