Den weiten Weg von den USA zu mir hat DESTINATIONs Album „Original Raw Metal“ gefunden. Wie groß die Jungs in ihrem Heimatstaat Ohio oder gar ihrem Heimatland sind – immerhin haben sie schon bei der ersten Zeremonie der Rock’n’Roll Hall Of Fame gespielt und für Hochkaräter wie Megadeth, Anthrax und Kreator eröffnet – wage ich nicht zu schätzen, würde mich beim Versuch jedoch nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen. Auch hierzulande dürfte ich wohl eine von lediglich einer Handvoll Personen sein, die je was von dem Duo aus Cleveland mit der offensichtlichen Schwäche für Flamingos gehört hat.
Bereits 1993 sind sich laut Legende die beiden Bandmitglieder Tim Greene und Mikey Smolen an einer Tankstelle begegnet, um unter dem Einfluss von starken Dieselgerüchen und abgelaufenen Eiersalat-Sandwiches zu beschließen, von nun an gemeinsam Musik zu machen. Drei selbstproduzierte CDs sind seitdem aus dieser testosterongeschwängerten Zusammenarbeit entstanden, die neueste Frucht ihrer Lenden hört auf den Namen „Original Raw Metal“. Roh kommen die elf Tracks (das Intro – ein Ausschnitt aus einem alten Gruselfilm – außen vor gelassen) in der Tat daher, als originell würde ich das Ganze dagegen nur mit äußerster Vorsicht bezeichnen – allein schon wegen der urhässlichen, Motorrad fahrenden Flamingo-Karikatur auf dem Cover, die einem schwulen Donald Duck auf Steroiden nicht unähnlich sieht. Das ist so trashig, dass es schon fast wieder gut ist. Aber nur fast.
Liest man es allerdings als „ursprünglich“, kommt man der Sache schon näher. Zurück zu den Wurzeln, so das Motto von DESTINATION. So traditionell wie die genannten Vorbilder Buddy Rich, Robin Trower und Black Sabbath klingen die Amis definitiv nicht; nein, man sollte sie wohl nicht mal in einem Satz mit diesen britischen Klassikern aus dem Rockbereich nennen; allerdings spielt das Duo eine sehr rudimentäre, riffbetonte und zeitlose Variante des Heavy Metals, die größtenteils im groovenden Midtempo-Bereich angesiedelt ist. Als positive Beispiele sind hier „Feel The Groove“ und vor allem „Looking For Me“ zu nennen. Einen Ausflug in den Punk’n’Roll gibt’s mit „Ghoul Show“, eine Doublebass-Vollbedienung stellt die Speed-Hymne „Murder In The Streets“ dar (inkl. seltsam anmutendem Drumsolo mit Südamerika-Flair am Ende) und in „Fear To Fly“ lassen sich DESTINATION doch tatsächlich zu einem Tempowechsel hinreißen.
Damit wären wir auch schon bei einem der Kernprobleme dieser Scheibe. Der Löwenanteil der Lieder dümpelt bei gleichbleibender Geschwindigkeit und dadurch ansteigender Langeweile vor sich hin, Füllsongs bleiben leider nicht die Ausnahme. Die groovigen, teils in bester Pantera-Manier dargebotenen Riffs und gekonnten Soli können dies nur bedingt ausgleichen. Auch was den Sound des Albums angeht, muss man sich nichts vormachen. Es ist eine Eigenproduktion und so klingt es auch. Dementsprechend sollte man zum Vergleich nicht gerade „die Großen“ heranziehen, hier und da scheppert das Schlagzeug, die Gitarren könnten auch fetter klingen, doch ich habe schon weit schlimmeres gehört, was in Eigenregie verbrochen wurde und sich nicht mittels Albumtitel selbst den Stempel des Rückschritts aufgedrückt hat. Das Gesangstalent der beiden Herren kann man auch nur als beschränkt bezeichnen, fügt sich aber gut in den primitiven Charme der Musik ein.
DESTINATION attestieren sich in der Band-Info selbst ein Desinteresse gegenüber perfekt gestimmter, glattgeschliffener Musik; eine Allergie gegen Innovation und neumodische Klänge gibt’s von mir noch gratis dazu. Wenn man „Original Raw Metal“ aber als das sieht, was es ist, ist es gar nicht so schlecht: Zwei mittlerweile nicht mehr so junge Amateure, die auch mit begrenzten Fertigkeiten Spaß am Metal haben und sich selbst nicht allzu ernst nehmen. Quasi die Antithese schlechthin zu gesichtslosem Radiorock und zur modernen US-Metalszene. Vertrieben wird das Album in unseren Längengraden nur digital in den einschlägigen Webshops, wobei alle Erlöse an die amerikanische Krebshilfe gehen. Wenn das mal kein Grund ist, sich die Lauscher verrohen zu lassen. Vielleicht.
Wertung: 6 / 10