Cover von "Noktvrn" von Der Weg einer Freiheit
November 2021

Review Der Weg einer Freiheit – Noktvrn

Seit ihrer Gründung 2009 haben sich DER WEG EINER FREIHEIT zu einer der bekanntesten Black-Metal-Bands Deutschlands entwickelt. Nach dem relativ straighten Debütalbum (das eigentlich das einzige Release der Band bleiben sollte), haben auf den folgenden Veröffentlichungen der Würzburger Einflüsse aus Post Rock, Doom und Extreme Metal stetig zugenommen. Mit „Noktvrn“ legt die Band nun ihr fünftes Album vor, auf dem neben Sänger und Gitarrist Nikita auch die anderen Musiker mehr Einfluss auf das Songwriting genommen haben. Das hört man dem thematisch von Frédéric Chopins Nachtstücken inspirierten Album an, ist es doch die bisher vielfältigste Veröffentlichung von DER WEG EINER FREIHEIT.

Zu Beginn greifen die vier Musiker den Faden des fabelhaften Vorgängers in „Finisterre II“ mit ruhigen Tönen auf, und auch das anschließende „Monument“ beginnt zurückhaltend mit sehr weichen Bläsern. Nach zwei Minuten explodiert der Song allerdings und besticht mit spannendem, dem Crust Punk entlehnten Riffing; ein Einfluss, der sich zur Mitte der Nummer auch im aggressiven treibenden Drumming offenbart. Ab da ist alles für die für DER WEG EINER FREIHEIT typischen epischen, Post-Metal-Gefilde bereit, denen die Band eine gesunde Menge Doom-Charme beimischt. Ein Opener, der paradigmatisch für den Rest von „Noktvrn“ steht.

Während „Am Rande der Dunkelheit“, „Morgen“ und „Gegen das Licht“ den etablierten Sound der Band leicht modifizieren, und mit einer Mischung aus Melancholie und Aggression begeistern, sind die Experimente, die der DER WEG EINER FREIHEIT wagen, die spannendsten Elemente auf „Noktvrn“. Das verwundert nicht, denn die Band war auch schon in der Vergangenheit am besten, wenn sie die Grenzen ihres angestammten Genres ausgelotet hat. Mit Black Metal hat „Immortal“ entsprechend nur noch am Rande zu tun: Unterstützt von Dávid Makó, auch bekannt als „The Devil’s Trade“, treffen an Ulver erinnernde Ambient-Klänge auf Sludge-Metal-Refrains und epische Klangflächen. Darüber hinaus singt Nikita auf diesem Track, ebenso wie im Closer „Haven“, auf englisch – was perfekt zum Sound der Würzburger passt und die Vielseitigkeit von DER WEG EINER FREIHEIT dick unterstreicht. In „Haven“ wagt sich Nikita auch stimmlich in neue Regionen, und veredelt den verträumten Song mit seiner Kopfstimme.

Auch wenn die Neuerungen ansonsten minimal sind und sich einige wenige Längen in die zwischen 7 und 11 Minuten langen Songs einschleichen, überzeugt „Noktvrn“. Ein Grund dafür ist neben den packend strukturierten Songs auch die von Nikita verantwortete Produktion von „Noktvrn“. Das bereits erwähnte „Am Rande der Dunkelheit“ ist über weite Strecken ein kaskadierender Black-Metal-Song, der allerdings durch seine gleichzeitig druckvolle und – vor allem bezogen auf die Gitarrenmelodien – gleichzeitig filigrane Produktion begeistert. Dass DER WEG EINER FREIHEIT das Album live eingespielt haben, tut der Musik gut, die dadurch nahbarer, natürlicher und echter wirkt.

Mit dem Titel „Noktvrn“ kokettiert die Band einerseits mit der oft an sie herangetragenen Kritik, nicht „trve“ genug zu sein, tatsächlich steht das V für die römische Fünf, und die eingedeutschte Schreibweise mit K ist in Bezug zu den Nocturnes von Chopin zu sehen. Dieses Verweisspiel, dieses Anhäufen von Bedeutung, Einflüssen und Eigenständigkeit definiert das fünfte Album von DER WEG EINER FREIHEIT, mit dem die Band ein mitreißendes und ihr bisher vielseitigstes Album vorlegt.

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Wertung: 9 / 10

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2 Kommentare zu “Der Weg einer Freiheit – Noktvrn

  1. Welch erstklassig geschriebenes Review! Intelligent, fundiert, empathisch und spannend. Die Qualität der Reviews bei metal1 war schon immer auffällig überdurchschnittlich, aber Landkammer toppt nochmal einiges! Weiter so!

  2. Eigentlich sehe ich mich selber überhaupt nicht gern als derart engstirnig, aber tatsächlich ist das das erste Album der Band, das mich etwas enttäuscht zurückgelassen hat. Nicht weil es schlecht wäre, aber ich vergöttere ja alles, was DWeF bisher geschaffen haben und das geht mir hier erstmals nicht so. Und das hat tatsächlich mit der stilistischen Verbreiterung zu tun. Es gibt Bands, bei denen ich es liebe, je mehr sie experimentieren. Aber auch umgekehrt Bands, bei denen ich finde, dass sie einen speziellen Stil auf Weltklasseniveau perfektioniert haben und das ist hier der Fall. Insofern kann ich dem Satz „[…] die Band war auch schon in der Vergangenheit am besten, wenn sie die Grenzen ihres angestammten Genres ausgelotet hat.“ nicht nur nicht zustimmen, ich empfinde es sogar genau gegensätzlich. Ich kann’s aus Musikersicht total nachvollziehen, dass man sich mal etwas in eine andere Richtung bewegen möchte, aber alles, was DWeF hier „Neues“ machen (wobei „Neues“ in dem Fall ja nur heißt „neu für DWeF“, denn die Stilelemente haben ja zig andere Bands schon zuvor bedient), finde ich wesentlich weniger spektakulär als ihre sonstige Musik. Selbst der vielversprechende Gastauftritt von „The Devil’s Trade“ ist total verschenkt. Und wann immer DWeF hier ihre klassischen Elemente auspacken, klingt es wie aussortiertes B-Side-Material. Ich hoffe tatsächlich, dass das nächste Album wieder „klassischer“ wird.
    Trotzdem natürlich ein gut gemachtes Album, keine Frage. Aber halt kein weiteres Meisterwerk, wie ich gehofft hatte.

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