Nur vier Songs in 42 Minuten. Das ist der erste Gedanke, der mir beim Full-Length-Debüt der russischen Depressive-Black-Metal-Band DEPICTING ABYSM in den Sinn kam. Die Texte wurden von Edgar Allan Poes „Hinab in den Maelström“ und dem russischen Dichter Semyon Nadson inspiriert. Das Grundthema der vorliegenden Platte ist der Ozean, diese unbarmherzige und doch wunderschöne Kraft, die der Menschheit eine Chance gibt, über ihre Schwäche im Vergleich mit der endlosen Übermacht der Natur zu sinnieren. Die erhältliche CD-Version ist, wie bei diesem Label üblich, auf 800 Einheiten limitiert.
Poetisch? Ja, das hätten wir mit diesem Auszug aus dem Promotext geklärt. Aber wie steht es musikalisch um DEPICTING ABYSM? Der erste Song „On The Waterfront“ startet mit einigen Natursamples, bevor Schlagzeug und Gitarren einsetzen, die sich ausschließlich im schleppenden Tempo vortasten. Auf Gesang verzichtet man hier völlig und kreiert dadurch eine an Post Rock angelehnte Atmosphäre, bevor man mit Meeresrauschen in den nächsten Song getragen wird. Auch hier ein zaghafter Beginn mit Naturklängen und akustischer Gitarre, bevor eine minimale Pause die E-Gitarren und verzerrten Gesang, wie man ihn in diesem Genre kennt, aber auch schon schlechter gehört hat, einsetzt. Die Gesangseinlagen bewegen sich irgendwo zwischen heiserem Keifen und verzweifelten Kreischen und binden sich somit gekonnt in die gebotene Atmosphäre ein. Jedoch wird den Instrumenten weiterhin genug Raum geboten, sich zu entfalten. Hier eine schöne Riffwand, da ein wenig akustisches Gitarrenspiel und gelegentliche Härteausbrüche, die sogar stellenweise mit Double-Bass-Attacken aufwarten. Über allem erhaben sind aber die wunderbaren Melodieläufe der Saitenfraktion, wenn sie sich über das Gepolter, Gekeife und die Tristesse erheben. Über diesen Weg wird man mit „Le Mariniste“ und „Anxious Waters“ aus den endlos erscheinenden Tiefen des Ozeans wieder an Land gespült.
Zurück an der Oberfläche verspürt man ein nachdenkliches Gefühl, das zurückbleibt und fühlt sich an Bands wie Imperium Dekadenz oder Ahab erinnert. Das Erstaunliche an „Immersion“ ist, dass es zwar der Bezeichnung des depressiven Black Metal durchaus gerecht wird, aber durch die vorhandenen Melodien und metalferne Einschübe auch ein positives Gefühl zurücklässt. Somit schaffen DEPICTING ABYSM es diesem Genre in ihrer Art und Weise neue Emotion einzuhauchen. Natürlich sind die Möglichkeiten eines Duos gewissermaßen beschränkt, jedoch schöpfen sie die gegebenen Ressourcen vollkommen und auf einem guten Niveau aus. Wer also ein Freund des Black Metal ist und vor langen Songstrukturen nicht zurückschreckt, sollte sich mindestens einmal mit „Immersion“ beschäftigen. Man kann hier nur hoffen, dass diese Formation noch weitere Alben veröffentlicht, um das hier gezeigte Potential zu vertiefen.
Wertung: 7 / 10