Delain Dark Waters Coverartwork

Review Delain – Dark Waters

DELAIN sind über die letzten Jahre und Alben merkbar gereift, „Apocalypse & Chill“ war 2020 nicht zuletzt mit Platz 14 in den deutschen Albumcharts das erfolgreichste ihrer Historie. Dennoch war 2021 Schluss: Keyboarder und Songwriter Martijn Westerholt wollte die Band – wie damals bei der Gründung – als Soloprojekt führen, nachdem alle anderen Mitglieder ihre eigenen Wege gingen. Allen voran der Abgang von Sängerin Charlotte Wessels schmerzte, immerhin war sie seit dem Debütalbum „Lucidity“ (2006) am Mikrofon zu hören und der Abgang der Frontfrau ist gerade im Symphonic Metal immer eine schwierige Nummer. Doch Westerholt ließ sich nicht unterkriegen und kann die neunte Platte „Dark Waters“ wieder mit einer vollwertigen Band veröffentlichen.

Mit Drummer Sander Zoer und Gitarrist Ronald Landa kehren zwei vormalige Mitglieder zu DELAIN zurück, Bassist Ludovico Cioffi und Sängerin Diana Leah sind ganz neu dabei. Dass DELAIN mit dem neuen Line-up grundverschieden klingen, war freilich nicht zu erwarten, immerhin schreibt Westerholt – früher bei Within Temptation am Keyboard – seit jeher die Songs. „Hideaway Paradise“ eröffnet das Album somit DELAIN-typisch: Breite Symphonie-/Keyboard-Klänge, poppige Melodien und äußerst eingängige Strukturen geben sich die Klinke in die Hand. Die Eingängigkeit der Songs rührt aber auch daher, dass die Lieder sehr ins bekannte Schema passen, im Genre keine überraschenden Akzente setzen und vorwiegend simpel gehalten sind.

Wenn „The Quest And The Curse“ mit stampfenden Riffs und Growls auflockert, „Moth To A Flame“ ein saftiges Headbang-Riff raushaut oder „Invictus“ sich als kleine, bombastische Metal-Oper entpuppt, sorgt das immer für Freude und willkommene Abwechslung. „Dark Waters“ im Gesamten wirkt aber etwas zu sehr auf Nummer sicher gespielt, DELAIN berufen sich viel auf alte Stärken und bewährte Muster. Deutete „Apocalypse & Chill“ mit seiner rockigeren Ausrichtung eine spannende Weiterentwicklung an, ist das neue Album kompositorisch eher ein kleiner Schritt zurück. Davon zeugt schon das wieder enorm kitschige Cover, das sich – abgesehen von „Apocalypse & Chill“ eben – sehr harmonisch in die Diskografie einfügt. Aber will man Westerholt die Konzentration auf das, was schon funktioniert hat, verdenken? Immerhin musste er eine komplett neue Band um sich scharen, nachdem DELAIN als solche schon vor dem Aus standen.

Diana Leah passt auch deswegen perfekt zur Band: Zumeist ist ihr Gesang dem ihrer Vorgängerin zum Verwechseln ähnlich. Leah singt ebenso weich, geschmeidig, ja poppig wie Wessels. In Nuancen hört man schon, dass hier eine andere Dame am Mikrofon steht, etwa in seltenen tieferen Tonlagen. Auch das ist aber nicht schlimm – trotz neuer Frontfrau wird die Identität der Band gewahrt und vielleicht kann Leah in Zukunft noch mehr von sich selbst einfließen lassen. Immerhin ist DELAIN ihre erste metallische Station, ihre Ursprünge im Trance-Bereich könnten sicherlich spannende Elemente abgeben.

Auf „Dark Waters“ gibt es keine schlechten Songs, aber auch wenig, das übermäßig begeistert. DELAIN melden sich nach der Kurzzeitauflösung und dem großen Umbruch mit einem Sicherheitsalbum zurück, das den Grundstein für die Zukunft legen könnte, sofern das Line-up jetzt stabil bleibt und zusammenwächst. Visions Of Atlantis („Pirates“) und erst kürzlich Xandria („The Winders Still Awaiting“) waren nach Umbrüchen mutiger und haben damit auch mehr überzeugt. Es wäre also spannend gewesen, wenn DELAIN nach „Apocalypse & Chill“ einen weiteren Schritt nach vorne gegangen wären. Dennoch ist „Dark Waters“ eine schöne Scheibe, die vor allem alteingesessene DELAIN-Fans glücklich machen dürfte.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von

5 Kommentare zu “Delain – Dark Waters

  1. Ich kann dem rezensenten nicht zustimmen.
    Für mich war Apocalypse and Chill keine „spannende Weiterentwicklung“ in rockige Gefilde, sondern das bislang inkonsistenteste und unausgegorendste Album und die Besinnung auf die Wurzeln die mit Dark waters nun stattgefunden hat ist dahingehend nur zu begrüßen.
    Sicherlich nicht ganz unschuldig daran war auch die Rückkehr von Roland Landa und Sander Zoer!
    Richtig ist, dass Charlotte Wessels als charmante Frontfrau nur schwer zu ersetzen ist, aber Diana leah zeigt nicht nur auf Dark Waters, sondern auch live, dass Ihre Stimme perfekt zu Delain passt und Sie in die großen Fußstapfen , die Charlotte Wessels hinterlassen hat hineinwachsen kann.

    1. Hallo Anton, danke für deine Meinung.
      Dass die beiden Alben und Ausrichtungen kontrovers sind, ist klar und ganz normal. „Apocalypse & Chill“ halte ich gerade aufgrund seiner Andersartigkeit und stellenweise Ungeschliffenheit nach wie vor für ein spannendes Album – bin aber auch mit der Ausrichtung auf „Dark Waters“ trotz des fehlenden Mutes zufrieden. Von Diana Leah halte ich viel und ich denke, sie ist eine tolle Sängerin für Delain. Vielleicht hat sie sich auf ihrem ersten Album noch nicht ganz getraut, sich von Wessels abzuheben, auf dem nächsten Album wäre es sehr cool, wenn sie sich da mehr traut. Mit Diana wird es bei uns übrigens noch ein Interview geben.

  2. Ich kenne zwar bisher nur die vorab veröffentlichten Songs, ich habe aber denselben Eindruck dass Delain mit diesen zu sehr auf Nummer Sicher gehen. Keine wirklich schlechten Songs aber so wirklich geflasht haben sie mich nicht. Ich weiß auch noch nicht so recht was ich von Diana Leah halten soll, sie ist sicher keine schlechte Sängerin aber Charlotte hat für mich doch die kraftvollere Stimme. Irgendwie habe ich auch den Eindruck dass mit Charlottes Weggang leider auch der rockigere Ansatz, den ich ebenfalls sehr spannend fand, verloren gegangen ist, Charlotte war denke ich nicht umsonst ein wichtiger Bestandteil beim Songwriting.
    Möchte aber dennoch ins ganze Album reinhören, Marco Hietala ist ja wieder als Gastsänger dabei, da bin ich doch gespannt wie sein Gastbeitrag ausfällt.

    Xandria gehen auf jeden Fall den mutigeren Weg, ich muss auch sagen dass ich deren Album in den letzten Tagen weitaus mehr zu schätzen gelernt habe als ursprünglich gedacht. Hat auch damit zu tun dass ich letztes Wochenende urspünglich Lord Of The Lost in München live sehen wollte, nachdem diese aber recht kurzfristig ihr Konzert im Backstage absagen mussten und Xandria am selben Tag ebenfalls ein Konzert im Backstage spielten war Xandria somit quasi ein „Ersatzprogramm“ für so einige Lord Of The Lost Fans die, wie ich, dies erst vorort mitbekommen haben :). Umso mehr war ich dann von der Liveperformance von Xandria und deren neuen Sängerin Ambre sehr beeindruckt, sie hat bewiesen dass sie auch ältere Songs wie „Valentine“ singen kann und zeigt sich somit mit Growls, natürlichen und klassischen Gesang sehr vielseitig. Wirklich eine beeindruckende Sängerin und die neuen Songs haben mich live irgendwie nochmal um einiges mehr abgeholt :).

    1. Hallo Martin. Trotz der Nummer-sicher ist es ja ein gutes Album geworden, du kannst also bedenkenlos reinhören. „Queen Of Shadow“ mit Hietala ist ein starker Song und „Invictus“ mit seinem Metal-Opera-Ansatz ist ebenfalls spannend geraten.

      Xandria mit Ambre würd ich auch sehr gerne live sehen, wenn sich die Möglichkeit bietet. Schön zu lesen, dass das live gut funktioniert hat.

      1. Hab jetzt das ganze Album einige Male gehört und muss sagen dass ich es eher durchschnittlich finde, „Queen Of Shadows“ und „Invictus“ gehören für mich ehrlich gesagt sogar zu den schwächeren Songs. Bei „Queen Of Shadows“ singt übrigens Paolo Ribaldini, Marko Hietala ist wiederum bei „Invictus“ zu hören.
        Für mich ehrlich gesagt die bisher schwächste Zusammenarbeit von Delain mit Marko Hietala, mit „Control The Storm“, „Nothing Left“, „Your Body Is A Battleground“ und „Sing To Me“ haben sie meiner Meinung nach weitaus stärkere Songs gemeinsam gemacht, von „The Gathering“ ganz zu schweigen.
        Sorry aber alles in allem aus meiner Sicht ein ziemlich enttäuschendes Album.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert