Review Deafheaven – Ordinary Corrupt Human Love

(Shoegaze / Post-Black-Metal / Post-Hardcore) Sehnsucht. Wärme. Schönheit. Verletzlichkeit. Euphorie. Leidenschaft. Melancholie. Fernweh. Poesie. „Ordinary Corrupt Human Love“, das vierte Album von DEAFHEAVEN, spielt auf der Klaviatur der großen Gefühle. Wie seine Vorgänger wird es vom Wechsel zwischen verschleppten Passagen und Hochgeschwindigkeits-Blastbeats, perlenden Melodien und knackigen Riffs, laut und leise dominiert. Man könnte der Band aus San Francisco demnach leicht fehlende Weiterentwicklung unterstellen – würde sie nicht durch eine musikalische Fokusverschiebung eine ganz eigene, einmal mehr atemberaubende Atmosphäre kreieren.

Den düsteren, heftigen Metal des Vorgängers „New Bermuda“ lassen DEAFHEAVEN bereits mit dem Opener „You Without End“ weit hinter sich: Eine sehnsüchtige Klaviermelodie vermengt sich mit verspieltenGitarren und einer poetischen Spoken-Word-Passage, bevor sich an Brian May erinnernde Classic-Rock-Gitarren emporschrauben und heiseres Krächzen ertönt. Trotz einer Länge von mehr als sieben Minuten bleibt die erlösende, große Explosion aus. Auch wenn andere Nummern, so wie das daran anschließende „Honeycomb“, immer wieder in rasende Blastbeat-Passagen ausbrechen, wirken diese Eruptionen nie aggressiv. Stattdessen wird „Ordinary Corrupt Human Love“ von einer fast schon euphorischen und durchweg positiven Stimmung dominiert. Diese wird nicht zuletzt durch Gitarren-Soli hervorgerufen, die oft an der Grenze zum Kitsch kratzen, aber diese nie unangenehm überschreiten.

Nach wie vor spielen unverkennbare Hardcore- und Black-Metal-Elemente eine große Rolle für DEAFHEAVEN. Der Schwerpunkt der Songs liegt auf „Ordinary Courrupt Human Love“ allerdings auf einer Mischung aus Shoegaze und Post Rock. Die lauteren und schnelleren Nummern offenbaren dies durch ihre euphorische Stimmung, während DEAFHEAVEN diese Seite ihrer Musik in den beiden kürzeren Stücken betonen. „Sunbather“ war durch verbindende Interludes strukturiert, „Near“ und „Night People“ sind nun komplett eigenständige Lieder. „Near“ mit seinen verhuschten Gitarren und dem weit im Hintergrund angesetzten, verhallten Gesang, präsentiert sich als Parade-Shoegaze-Nummer. Das zarte, auf Klavier und elektronischen Elementen basierende Duett mit Chelsea Wolfe auf „Night People“ badet in süßer Melancholie und überzeugt ebenfalls mit dem beeindruckenden Clean-Gesang von George Clarke.

Trotz des heftigen Kreischens, trotz kräftiger Riffs und trotz pulsierender Blastbeat-Passagen im Hochgeschwindigkeitsbereich: So weit wie auf „Ordinary Corrupt Human Love“ waren DEAFHEAVEN noch nie von Metal im traditionellen Sinn entfernt. Die Sehnsucht, die Songs wie „Glint“ dominiert, wirkt ebenso ergreifend wie die verträumte Leidenschaft im abschließenden „Worthless Animal“. „Ordinary Corrupt Human Love“ ist unverkennbar DEAFHEAVEN – und überrascht daher nicht. Die fünf Musiker konnten ihre Songwriting-Fähigkeiten allerdings noch einmal verbessern, wodurch es ihnen gelingt, dass das Album trotz einer Spielzeit von mehr als einer Stunde keine Sekunde langweilt.

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Wertung: 9 / 10

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