November 2008

Review Deadlock – Manifesto

Was kommt dabei raus, wenn sich fünf Veganer und Anhänger des Straight Edge zusammenraufen, um „Krach“ zu machen? Zuerst mal recht durchschnittlicher Death Metal, dann aber mit dem Zusatz „Melodic“ und irgendwann Melodic Death Metal mit allerhand genrefremder Anleihen – oder um es kurz zu fassen: DEADLOCK. Die sympathischen Regensburger sind tatsächlich all das – straight edge, vegan, experimentell und unerschütterlich. 2006 tat man mit dem Album „Wolves“ einen weiteren Schritt in Sachen Selbstverwirklichung, brachte Techno-Parts auf die Scheibe während zuvor schon die genau so hübsche wie stimmgewaltige Sabine Weniger als vollwertige Sängerin engagiert wurde. Nun liegt die neue Langrille „Manifesto“ in den Regalen und wird – wie auch schon sein Vorgänger – wieder ordentlich zu polarisieren wissen.

Bester Beleg dafür ist auch gleich der Opener „The Moribund Choi Vs The Trumpets Of Armageddon“ – waschechter Techno, wie man ihn schon auf „Wolves“ zu hören bekam. Der Szenepolizei, die sich anno dazumals mit der netten Aufforderung „Come on, Motherfuckers!“ ans Bein gepinkelt fühlte, hat man eine Antwort auf die vielen Buh-Rufe parat: „Come on, Fatherfuckers!“. Jetzt wäre das geklärt, dann kann’s ja losgehen!

Was es mit „Martyr To Science“ auch sofort tut – steinharte Riffs gibt’s damit wie Bretter vor den Kopf und wirkt dabei – ganz den von Tierversuchen im Namen der Wissenschaft entsprechenden Lyrics – sehr technisch, während es von der Herrin der cleanen Vocals die Refrains in wunderschöner Ausführung einverleibt gibt. Schnell wird Anhand von Nummern wie „Slaughter’s Palace“ (übrigens auch der Name des Studios von Gitarrist Sebastian Reichl, in dem Manifesto erarbeitet wurde) klar, dass sich DEADLOCK mehr denn je durch die Mischung von harten Growls der Marke Johannes Prem und schmetternden Gitarrenparts und den, zumindest atmosphärisch, beruhigenden Gesangsteilen von Sabine zusammen setzt. Darauf folgt das wohl mit Abstand traurigste Zirkuslied aller Zeiten, wenn man sich die Lyrics zu „The Brave / Agony Applause“ mal genauer anschaut – behandelt wird nämlich das jämmerliche Leben von Zirkustieren.
Der aufmerksame Leser oder Hörer mit entsprechendem Vorwissen zu DEADLOCK wird langsam aber sicher realisieren, was den Regensburgern am Herzen liegt und sie über „Manifesto“ (ist übrigens wörtlich zu nehmen) transportieren wollen: die (schwer im Argen liegenden) Rechte der Tiere, Tier- und Artenschutz und die Umwelt. Das Interessante dabei ist die Tatsache, dass zu keiner Zeit wirklich reißerisch gesungen wird – der Hörer bekommt genügend Spielraum, um sich seine eigene Meinung zum Thema zu bilden und trotzdem besteht natürlich zu keiner Sekunde ein Zweifel daran, wie ernst es DEADLOCK mit diesen Themen ist.

Und zwar genau so ernst wie mit dem Song „Deathrace“, der wohl am heißesten diskutiert werden wird. Was als feinster Melodic Death Metal anfängt, gipfelt sich ab Minute 4:15 in urbanen HipHop. Ganz genau gehört, Herr Polizist: HipHop der Marke Hitfarmers, die DEADLOCK ihre Zusammenarbeit auf „Manifesto“ angeboten haben – „Deathrace“ ist das Resultat davon, welches sich durchaus hören lassen kann – jedenfalls wenn man nicht mit Scheuklappen durch die Welt stolpert. Ebenso fremd dürften beim ersten Hördurchgang die Saxophon-Töne auf „Fire At Will“ sein, die sich jedoch – hingegen anfänglichen Befürchtungen – perfekt in die Songstruktur einfügen und gekonnt auf „Seal Slayer“ vorbereiten, der offizieller Song der PETA2-Kampagne gegen die Robbenjagd war. Der Titeltrack „Manifesto“ leitet dann, komplett instrumental, ein weiteres besonderes Stück ein: „Dying Breed“, das mit seinen hochmelodischen Gitarrenläufen und dem Gastgesang von Christian Älvestam (Scar Symmetry) zu glänzen weiß. Was mir dann allerdings ein wenig sauer aufstößt, ist das (zwar nicht grundlegend schlechte, aber einfach überflüssige) „Temple Of Love“-Cover von den Sisters Of Mercy – das davor stehende „Altruism“, das komplett von Sabine komponiert und eingesungen wurde, hätte sich am besten für den letzten Song geeignet, hätte die Scheibe ruhig und motivierend ausklingen lassen.

Viel mehr Grund zum Meckern bietet „Manifesto“ dann aber auch gar nicht mehr – mit Jakob Hansen, der das Mixing und Mastering übernahm, konnten sie produktionstechnisch nicht viel falsch machen und auch sonst haben DEADLOCK bewiesen, dass man einen gewissen Härtegrad durchaus mit Techno und HipHop-Parts vereinbaren kann – verdammt gut sogar. Dass sich zweifelsohne wieder einige Genrewächter gegen den neuesten Output der Regensburger wehren werden, steht außer Frage – ebenso wie die Tatsache, dass hier ein verflucht geiles Stück gepresste Musik vorliegt. Daumen hoch, Jungs und Mädel, geht euren Weg weiter!

Wertung: 9 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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