Review Darkher – Realms

(Doom Metal / Dark Folk) Manchmal machen Menschen Erfahrungen, die mit nichts, was wir kennen, zu erklären sind. Übersinnliche Erlebnisse, die die Betroffenen daran glauben lassen, dass Sphären existieren, mit denen wir sonst niemals in Berührung kommen. Die Erfahrungen, die die britische Singer-Songwriterin Jayn Wissenberg mit ebendiesen Sphären gemacht hat, hat sie nunmehr auf dem Debüt „Realms“ ihrer noch jungen Band DARKHER verarbeitet, um sie dem einen oder anderen vielleicht etwas begreiflicher zu machen. Dabei geben sich die Ausnahmemusiker sowohl textlich als auch instrumental größtenteils reduziert und ruhig – und doch eindringlicher als die meisten Extreme-Metal-Kapellen.

Nach einem beklemmenden Dark-Ambient-Intro nehmen DARKHER den Hörer auf „Hollow Veil“ sogleich zur Gänze gefangen. Unfassbar, wie ein paar vereinzelte Gitarrennoten so sehr in ihren Bann ziehen können. Doch nicht nur die unvergleichlich düsteren, leisen Gitarren, die später zu einem niederschmetterndem Doom-Gewitter anschwellen, machen den Track zu einem Erlebnis sondergleichen, auch Jayns geisterhafte, sphärische Gesänge, die stimmungsvoll als Echo widerhallen, entziehen sich jeder Beschreibung.
Bereits beim nächsten Track zeigen DARKHER, dass sie sich beispiellos auf das Spiel mit Gegensätzen verstehen, die Bandbreite reicht von sanften, weitgehend akustischen Folk-Nummern wie „Moths“ oder dem wehklagenden „The Dawn Brings A Saviour“ bis hin zu treibenderen Doom-Tracks mit ungestümer Perkussion und unterschwellig lauerndem Bass wie das verhängnisvolle „Wars“ oder das sich stetig steigernde, mysteriöse „Foregone“. Erstaunlicherweise wissen DARKHER jedoch in beiden Extremen und allem dazwischen gleichermaßen zu begeistern, kein einziger Song wirkt fehl am Platze.
Dennoch ist es nicht schwer, den Höhepunkt des Albums (neben „Hollow Veil“) auszumachen: „Buried“. Während der erste Part, der – wie die meisten Songs auf „Realms“ – fließend in seinen Nachfolger übergeht, als minimalistische, schwermütige Einleitung fungiert, strahlt der zweite Teil auf Anhieb eine geradezu klaustrophobische Düsternis aus. Ein namenloser Schrecken scheint im Hintergrund zu warten, zu beobachten, dann ein beschwörendes Summen und eine fast schon beängstigend düstere Geige und schließlich wieder leichenblasser Doom Metal und Jayns gehauchter Gesang. Man fühlt sich in ein Mausoleum tief unter der Erde versetzt, wo die Toten selbst ihre lautlosen Stimmen zu erheben scheinen. Ebenjener Atmosphäre sehr zuträglich sind aber auch das Cover-Artwork und die kristallklare Produktion, vor allem letztere lässt den Hörer gänzlich in die Welt von DARKHER eintauchen.

„Realms“ ist der musikalische Beweis dafür, dass stille Wasser oft tatsächlich tief sind. In einer Zeit, in der Musikkonsum sogar im Metal-Bereich immer mehr zur gleichgültigen Routine wird, haben DARKHER mit ihrem Debüt eines jener seltenen Alben geschaffen, die in allen Aspekten begeistern, die mit Worten kaum zu beschreiben sind, die beweisen, dass Musik manchmal nicht „nur“ Musik ist. Dabei ist es völlig egal, ob man nun an das Übernatürliche glauben möchte oder nicht, DARKHER geben ihre Eindrücke derartig überwältigend wieder, dass man beinahe das Gefühl hat, beim Hören selbst eine solche Erfahrung zu durchleben oder zumindest zu verstehen, wie es sich anfühlen muss: finster, melancholisch und doch auf eine ehrfurchtgebietende Weise schön.

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Wertung: 9.5 / 10

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