Von den etlichen Bands, die sich den mangelnd einfallsreichen Namen DARK FOREST zugelegt haben, gibt hier die britische Variante mit dem Debut-Album „Dark Forest“ ihr Stelldichein. Die Formation wurde 2002 in Dudley gegründet und hat seitdem eine Demo und zwei EPs veröffentlicht. Der erste Longplayer erscheint dieser Tage bei Northern Silence Production.
Wenn ich mir die Bildchen von der Band so anschaue, wird eines schnell klar. Hier haben wir vier Musiker, die sich dem Metal-Spirit der frühen 80er verschrieben haben und die Tradition des NWoBHM aufrecht erhalten wollen. Optisch berichten die Outfits in Jeans, Leder, Nieten und Patronengurten von dieser Devise. Und musikalisch ist es der Sound.
Denn schon als die ersten Takte erklingen, stellt sich das gewisse Retro-Feeling ein. Die Kompositionen sind sehr zielgerichtet, die Leads melodisch, die Riffs zwar recht einfach, aber mit Tonfolgen, die sofort ins Ohr gehen. Auch das Soundgerüst und die Abmischung sind auf nostalgisch getrimmt und wirken nicht zu glatt geschliffen, sondern mehr wie in den 80ern aufgenommen.
Die Art Gesang von Christian Horton habe ich auch schon lange nicht mehr gehört. Man hat den Eindruck, es fehlt manchmal an Ausdruckskraft und an einer gewissen letzten Dynamik. Dennoch passt die Stimme durch das Timbre gut zur Musik, einfach weil sie auch nicht zu klar und deutlich ist. Sie hat ebenfalls diesen charakteristischen, nostalgischen Touch und dadurch einen sehr treffenden Charme. Ein Vergleich fällt mir zu 80er-Produktionen von Tokyo Blade ein.
Auch Qualitativ bringen DARK FOREST in ungefähr diese Leistung. Die Stücke sind ebenso eingängig wie abwechslungsreich ausgearbeitet. Die Merkmale liegen vor allen Dingen in den einprägsamen Gitarrenlinien und den gut herausgestellten Refrains, denen die Briten auch eine leicht hymnische Note verpassen können.
Von den Stücken einzelne hervorzuheben gestaltet sich dadurch schwierig. Es wird ein durchgehender Standard gehalten. Einen Ausfall gibt es nicht, aber Ausreißer noch oben sind ebenfalls schwer zu identifizieren.
Das achteinhalb Minuten lange „Excalibur“ ist sicherlich das Glanzstück der Scheibe und begeistert durch die epische Komponente und viele unterschiedliche Elemente und Intensitäten. Und natürlich durch die Gitarrenleads und virtuosen Intermezzi. Beim instrumentellen „Hollow Hills“ ist es die klasse Leadmelodie, die man kaum wieder aus dem Kopf kriegt, die Akzente setzt. Bei „The Wrekin Giant“ und „Dark Forest“ erwartet den Hörer dann eine gekonnte Symbiose zwischen epischem Konstrukt und folkiger Note, und die True-Metal-Hymne „Fight For Metal“ spricht die Anhänger der Frühtage dieser Spielart an.
Gesamt gesehen beginnt „Dark Forest“ wie ein wirklich „nettes“ NWoBHM-Album. Bis zu Track vier hatte ich das Bild eines guten, etwas überdurchschnittlichen Werkes vor mir und hatte mich bereits auf eine Wertung um 7 Punkte eingestellt. Aber DARK FOREST können mit dem Albumhighlight „Excalibur“ und auch in der zweiten Hälfte kompositorisch nochmal zulegen. Nicht umsonst befinden sich dort auch meine genannten Anspieltipps.Die technische Leistung der Musiker ist in Ordnung. Man darf keine modernen Soundwunder erwarten. Das ist gar nicht die Intension von DARK FOREST. Ihre Songs sollen das NWoBHM-Retro-Feeling heraufbeschwören und das gelingt ihnen zweifellos. Erwähnenswert ist auf jeden Fall der Part der Gitarristen. Was sie an genialen Riffs und Licks und starken Soli aus dem Ärmel zaubern, ist fantastisch. Auch das Songwriting bekommt von mir ein dickes Lob, schon wegen der Komposition der eindrucksvollen Melodien, dem gelungenen Heraufbeschwören der Nostalgie und der vorgelegten Vielfalt.
„Dark Forest“ ist ohne Zweifel ein Album, dass die Anhänger der NWoBHM und der guten, alten 80er anspricht. Inwieweit Freunde moderner Sounds sich dafür begeistern können, lässt sich schwerlich einschätzen, denn ich habe die New Wave of British Heavy Metal noch zu ihren Hochzeiten miterlebt. Und so trifft „Dark Forest“, das wirklich klingt, wie ein richtig gutes Album aus eben jener Epoche, punktgenau meinen Nerv. Wer immer mal wieder gerne die Alben von Bands wie Battleaxe, Omen, Heavy Load, Tokyo Blade, Warlord, Cloven Hoof oder die Frühwerke von Saxon und Judas Priest aus dem Plattenschrank holt, sollte sich auch das Debut von DARK FOREST nicht entgehen lassen. Denn lange habe ich denn Spirit der frühen Eighties nicht mehr so authentisch erlebt wie hier.
Wertung: 8 / 10