Review Cryptic Wintermoon – Fear

Überraschung, CRYPTIC WINTERMOON sind wieder da. Ganz ohne großes Trara haben die deutschen Vorzeige-Melo-Black-Metaller sich klammheimlich ins Studio geschlichen und vier Jahre nach ihrem letzten Album eine neue CD aufgenommen. Ohne Plattenfirma im Rücken und damit – laut Promozettel – auch ohne Druck und Budgetlimits hat das fränkische Sextett also sein eigenes Ding gedreht und (zumindest für mich) sehr überraschend ein neues Lebenszeichen abgeliefert. Und kaum war mir bekannt, dass die Band, die ich persönlich mit ihren drei großartigen Vorgängeralben sehr schätzen und lieben gelernt habe, wieder da ist, schon lag die Promo-CD auf dem Tisch. Sachen gibt’s.

Jetzt will das vierte, „Fear“ betitelte Album aber doch mal auf Herz und Nieren geprüft werden, ob das Comeback von CRYPTIC WINTERMOON ein Grund zur Freude ist, oder ob man die Bandpause doch noch etwas hätte ausweiten sollen. Ein Konzeptalbum ist’s also diesmal, das den ersten Weltkrieg ins Scheinwerferlicht rücken soll. Krieg war den Franken ja noch nie so fremd, man denke nur mal an Titel wie „Bonegrinder 1916“ oder „Heavy Armed Assault“ vom Vorgänger, jetzt also quasi komplett im Zeichen der bewaffneten Auseinandersetzung, um die Finsternis und Unmenschlichkeit derselben in Musik zu packen.
Los geht das auch recht stimmungsvoll mit dem Intro „21 Guns“, das mit Metal jetzt nicht so viel am Hut hat, uns aber schon mal rein stimmungstechnisch in die richtige Zeit versetzt. Der Opener „Pride Of Australia“ ballert dann aber schon mehr. Obwohl ich hier schon ein paar Bedenken hatte. Der Mittelteil des Songs bietet all das, was ich an CRYPTIC WINTERMOON liebe und in den letzten Jahren, da es so still um die Band war, ein wenig vermisst habe: Ronnys großartige Vocals, tolle Melodien, epische Arrangements, heftiges Geblaste und finstere gemäßigtere Parts. Aber Anfang und Ende… uh, die wollen mir jetzt auch nach mehreren Durchläufen nicht gefallen. Der erste richtige Schlagzeugeinsatz klingt ziemlich daneben und das Ausfaden des eigentlichen Songs mit gleichzeitigem wieder Aufgreifen des „21 Guns“-Intros passt auch irgendwie so überhaupt nicht. Was die Band sich wohl dabei gedacht hat? Ich weiß es nicht genau, aber Anfang und Ende des Songs klingen einfach nicht gut… Hören CRYPTIC WINTERMOON sich jetzt nach vier Jahren Pause also so an?

Faszinierenderweise nein. Anfang und Ende des Openers sind tatsächlich die einzigen Dinge an der CD, die ich „aktiv bemängele“, denn nachdem dieser Punkt überwunden ist, wird „Fear“ eigentlich genau das, was man von den Franken erwartet hat: ein tolles Album. Schon der nächste Track „Dominate“ besinnt sich auf alte Stärken und hätte genau so gut auf einem der vorigen drei Alben stehen können. Tolle Melodien hier, starke Arrangements, genialer Gesang, netter Text. Stimmt doch wieder alles, genau so klangen CRYPTIC WINTERMOON schon immer…
Und das darf man jetzt auch gerne als Kritikpunkt ansehen. Die Band liefert genau das ab, was man erwartet. Überraschungen bleiben aus, das Album ist zu hundert Prozent CRYPTIC WINTERMOON, aber abgesehen von wenigen Neuerungen (deutscher Gesang bei „The End“, der überraschend geil klingt und sich extrem gut einfügt) und Experimenten (eher weniger Gelungen mit der „21 Guns“-Sache, dafür um so besser bei „Hundert Mann und ein Befehl“, einem Cover des Songs „Ballad of the Green Berets“ von Barry Sadler, bzw. der deutschen Fassung davon von Freddy Quinn) „kennt man“ die CD schon, bevor man sie gehört hat. Das geht so weit, dass der sechste Track „One Of Your Sons Is Coming Home“ wie eine Mischung aus „When Daylight Dies“ vom „The Age Of Cataclysm“-Album und dem Titeltrack von „A Coming Storm“ klingt… Ich könnte schwören, das sind teilweise exakt die gleichen Riffs.

An der Durchschlagskraft der Songs ändert das zum Glück nichts (immerhin sind die beiden genannten Lieder meiner Meinung nach die absolut besten von CRYPTIC WINTERMOON und deswegen auch deren „Kind“ ein absolut großartiger Track… das Wiedereinsetzen des Keyboards und das damit verbundene extrem wuchtige Drumming im letzten Teil des Songs geht nicht nur direkt in die Magengrube, sondern von da aus auch direkt ins Herz… Wahnsinn), „Fear“ ist ein ergreifend düsteres Album das – abgesehen von den Anlaufschwierigkeiten – jedem Fan von CRYPTIC WINTERMOON viel Freude bereiten dürfte und zeigt, dass die Band auch nach vier Jahren Pause nichts verlernt hat. Nicht der Überhammer, aber doch ein angemessenes Comeback-Album, das sich trotz seiner Probleme noch eine ganze Weile bei mir drehen wird.

Wertung: 7.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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