Review Crom – Vengeance

  • Label: Pure Steel
  • Veröffentlicht: 2008
  • Spielart: Heavy Metal

Würde Walter Grosse, Szenename „Crom“, jemals eine Biographie schreiben, so würde das 2. Kapitel („Meine Zeit bei Dark Fortress“) sicher mit dem Satz enden: „Da beschloss ich, Multiinstrumentalist zu werden.“ Drei Jahre hielt Grosse es bei besagter Black Metal-Größe aus, bevor er auf der Suche nach vollkommener innerer Erfüllung dort hinschmiss, um sich voll und ganz auf sein bereits nebenbei gestartetes Projekt CROM konzentrieren zu können. Sieben Jahre dauerte es dann, bis Grosse „Vengeance“ fertigstellte und nochmal ein weiteres, bis die Scheibe nun schließlich über Pure Steel Records erschien. Walter Grosses Laufbahn erinnert stark an die von Jari Mäenpää: Bei Ensiferum fand dieser trotz einem zum Klassiker avancierten ersten und einem hervorragenden zweiten Album nie wirkliche Erfüllung – also ließ er seine finnischen Kumpanen im Regen stehen und stampfte Wintersun aus dem Boden, nur um gleich noch ein Klassiker-Album zu schaffen.

Mögen die Lebensläufe und Arbeitsweisen („Ich kann alles außer Schlagzeug“) von Grosse und Mäenpää auch ähnlich aussehen – musikalisch liegen Welten zwischen ihnen. Das liegt hauptsächlich an den unterschiedlichen musikalischen Grundausrichtungen der beiden: Während Jari sich dem melodischen Todesstahl verschrieben hat, vertritt Walter mit CROM das Erbe von Bathory, der fast schon legendären Band des verstorbenen und fast ebenso legendären Quorthon. Epik ist seine Maxime, das hört man in jeder Minute, die „Vengeance“ dauert – es gibt Chöre, gedoppelte Gitarrenmelodien und nicht zuletzt Texte, die in dieser Form auch locker von Manowar stammen könnten. Da wird gerächt, getötet und auch Feuerflügeln dahingeschwebt – lediglich ein Lied über den True Metal selbst fehlt.
Grosse selbst sieht CROM offenbar als Viking Metal-Band; ganz unterschreiben kann ich das nicht, denn zu Viking Metal braucht es eigentlich doch ein bisschen mehr Volkstümlichkeit als sie eine Akustikgitarre erzeugen kann („Crom“). Auch an die Erhabenheit der Quorthon’schen Werke kommt „Vengeance“ nicht ganz heran; obwohl Grosse dieselben Grundzutaten verwendet, gehen ihm doch gewisse Nuancen im Songwriting ab, die Bathory die Erhabenheit verliehen, die Alben wie „Twilight of the Gods“ oder „Nordland I“ so auszeichnet; vielleicht spielt auch die ziemlich saubere Produktion eine Rolle, die „Vengeance“ spendiert bekommen hat.

Nichtsdestotrotz wird aber jeder Freund von Bathory, Manowar oder vielleicht auch Hammerfall viel Freude an dieser Scheibe haben. Denn selbst wenn Walter Grosse das selbstgesteckte Ziel der Bathory-Epik nicht ganz erreicht, so macht „Vengeance“ doch eine Menge Spaß – was nicht zuletzt an Songs wie „Wings of Fire“ (absoluter Kracher mit Ohrwurmgarantie) oder „The Stars will fall“ (klischeehaftes Erzählerintro, aber fantastische Grundmelodie und herrliche Kombination von klarem Gesang und Growling) liegt. Grosse ist durchaus in der Lage, tolle Songs zu schreiben, die mitreißen und, wenn schon nicht zu epischen Posen, dann wenigstens doch zum Headbangen verleiten; Auch an den regelmäßig auftretenden Gitarrensoli dürfte jeder True Metaler seine Freude haben.
Zwei Schwächen hat „Vengeance“ jedoch: Erstens ist Grosses Akkordrepertoire aus unerklärlichen Gründen mitunter ziemlich beschränkt – immer wieder kommt diese x-mal gehörte Drei-Akkord-Progression vor, die in der Geschichte des Rock schon viel zu oft strapaziert wurde; das ist jetzt etwas schwer zu erklären, aber wenn ihr es hört, werdet ihr wissen, was ich meine. Die zweite Schwäche liegt schlicht und ergreifend im inhaltlichen Konzept von „Vengeance“: Auch wenn Grosse mit CROM eine Bathory-Hommage veranstalten will, hätte ein wenig mehr Kreativität und Eigenständigkeit bei den Texten mit Sicherheit nicht geschadet (bei „Hammer of the Gods“ rollen sich mir regelmäßig die Zehennägel auf).

Doch insgesamt lässt sich festhalten, dass „Vengeance“ eine hörenswerte Scheibe geworden ist, in die jeder Freund des wahren Stahls einmal reinhören sollte. Der werte Herr Grosse ist zwar weder ein zweiter Quorthon noch ein zweiter Jari Mäenpää, aber er ist eben… Walter Grosse, und das ist sicherlich auch nicht verkehrt.

Wertung: 7.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert