Wer sich jemals in seinem Leben mit CREMATORY auseinander gesetzt hat, weiß eigentlich, was ihn erwartet: eher simpler Gothic-Metal, der durchaus seine Momente hat, aufgrund von oftmals mehr als peinlicher Musikantenstadl-Lyrik hier und da nicht richtig ernst zu nehmen ist. 23 Jahre sind die Süddeutschen nun unterwegs, 12 Alben sind in dieser Zeit entstanden und so ist es im ersten Augenblick mal fraglich, was die Band mit „Antiserum“ noch zu sagen hat.
Für zusätzliches Entsetzen sorgt das Infoschreiben, die Elektroeinflüsse sollen noch einmal ausgebaut worden sein, spätestens ab diesem Moment war Schlimmstes zu befürchten. Glücklicherweise kommt jetzt das „Aber“, kein großes, aber immerhin. Denn zum einen sind besagte Elektrospielereien zwar ziemlich allgegenwärtig, jedoch nicht (zu) aufdringlich. Zum anderen besinnt man sich immer dann, wenn es überzuborden droht, wieder auf traditionelle Stärken wie griffiges Songwriting, Wechselspiel zwischen cleanen Vocals und tiefem Grunzen, eingängige Melodien, man kennt das ja.
Und so ist „Antiserum“ zwar nicht so schwierig, wie man zunächst vielleicht denken konnte, aber in der langen Reihe der CREMATORY-Diskographie auch kein Album, welches besonders positiv herausstechen könnte. Woran liegt das? Vermutlich daran, dass man aufgrund des EBM-Charakters diverser Songs bei den anderen Liedern auf Nummer sicher gegangen ist. Selten trifft man auf Geschwindigkeitswechsel, die einige Dynamik hätten einbringen können, die Strukturen sind auch eher einfach gehalten, was alleine schon die Spielzeit der zehn Lieder (plus Intro) zeigt. Ballast wird nicht mitgeschleppt, weder unnötiger noch nötiger, was gut sein kann, aber nicht muss. Sicherlich, es birgt ein gewisses Risiko und genau dieses haben CREMATORY, die sich laut dem Info „vor keinem internationalen Vergleich fürchten müssen“, gekonnt vermieden. Die Frage ist einfach, ob man sich als langjähriger Fan damit zufrieden stellen lässt und was potentielle Neukunden dazu sagen.
Es wäre zu hart, der Band zu attestieren, irgendwo in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten stehen geblieben zu sein. Alleine die gut eingeflochtenen Elektroarrangements zeigen, dass sie durchaus gewillt sind, ihrem Sound eine neue Farbe zu verleihen. Bedingt gelingt das auch und auch sonst ist das restliche Material ja auch nicht schlecht, aber eben auch nicht der große Wurf. Gerade wenn man EBM und Gothic (Metal) gleichermaßen etwas abgewinnen kann, wird man sicher einige Freude an „Antiserum“ haben, für alle anderen bleibt ein solides Album, welches ebenso wie viele andere Platten von CREMATORY gute und weniger gute Augenblicke hat.
Wertung: 7 / 10
Aha, Crematory bekommt also 7 Punkte… Gab’s wohl keinen Operngesang?