Cradle Of Filth - Existence Is Futile Cover

Review Cradle Of Filth – Existence Is Futile

Kaum eine Black-Metal-Band ist im Privaten so harmlos und zugleich doch so kontrovers wie CRADLE OF FILTH. Viel wird darüber gestritten, ob die Briten überhaupt jemals wirklich Black Metal gespielt haben, ob und wann sie sich ausverkauft haben und welches ihr letztes gutes Album war. Letzterer Debatte setzten CRADLE OF FILTH mit dem triumphalen „Hammer Of The Witches“ (2015) ein so promptes wie überraschendes Ende. Seitdem genießt das Sextett ein ungewohnt einträchtiges Wohlwollen seitens der Fans. Es verwundert daher nicht, dass Dani Filth und seine Gruselgang auf „Existence Is Futile“ zum dritten Mal in Folge in dieselbe Kerbe schlagen – und diese damit überstrapazieren.

Schon das Artwork suggeriert, dass CRADLE OF FILTH es nicht darauf angelegt haben, sich auf „Existence Is Futile“ neu zu erfinden. Wie bereits die beiden Vorgängerplatten ziert eine von Arthur Berzinsh kreierte Neuinterpretation eines bekannten Gemäldes das Album – diesmal die Darstellung der Hölle aus Hieronymus Boschs Triptychon „Der Garten der Lüste“. Diabolischer als zuvor klingen CRADLE OF FILTH auf ihrem dreizehnten Full-Length trotzdem nicht.

Zwar legt Filth seine bislang vielseitigste Performance hin und entreißt seinem charakteristischen Jaulen, seinen giftigen Screams, monströsen Growls und quasi-gesprochenen Vocals neue Facetten. Seine furchteinflößenden Darbietungen auf früheren Veröffentlichungen und auch zuletzt auf „Cryptoriana“ (2017) im Track „You Will Know The Lion By His Claw“ bleiben in ihrer Intensität jedoch unerreicht.

In musikalischer Hinsicht ist „Existence Is Futile“ durchwachsen. In manchen Songs wie dem galoppierenden „How Many Tears To Nurture A Rose?“ und dem plump stampfenden „Us, Dark, Invincible“ flirten CRADLE OF FILTH allzu aufdringlich mit dem Kitsch. Die getragenen Stücke wie das mysteriöse „Necromantic Fantasies“ und das nachdenkliche „Discourse Between A Man And His Soul“ wirken in etwa so inspiriert wie übrig gebliebenes B-Side-Material. Selbiges lässt sich von „Black Smoke Curling From The Lips Of War“ sagen, das mit seinen ominösen Chören klingt, als sei es zur Zeit von „Cruelty And The Beast“ (1998) entstanden, ohne damals den Sprung auf die Platte geschafft zu haben. Auf voller Länge begeisternde Songs haben CRADLE OF FILTH diesmal nicht zustande gebracht, lediglich vereinzelte Höhepunkte wie etwa den rasanten Schlussteil des davor noch fast zahmen „Existential Terror“ und die wie ein Hagelschlag klingenden Strophen von „Crawling King Chaos“.

„Existence Is Futile“ ist eine Sammlung verschenkter Chancen. Das mittelmäßige Songwriting bietet Dani Filth keine gute Bühne für seine hervorragende Performance und die Auflösung der mit „Her Ghost In The Fog“ begonnenen Track-Trilogie muss sich mit einem unrühmlichen Platz als austauschbare Bonus-Nummer abfinden („Sisters Of The Mist“). Gäbe „Hellraiser“-Kultdarsteller Doug Bradley in „Suffer Our Dominion“ nicht einen seiner eindringlichen Monologe zum Besten, würde man dem ansonsten unscheinbaren Song nicht einmal anmerken, dass CRADLE OF FILTH darin erstmals die Klimakrise adressieren. Für ein inmitten einer Pandemie und einer globalen Umweltkatastrophe erscheinendes Album mit einem Titel wie „Existence Is Futile“ klingt das knapp einstündige Werk also enttäuschend bieder.

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Wertung: 6 / 10

Publiziert am von Stephan Rajchl

6 Kommentare zu “Cradle Of Filth – Existence Is Futile

  1. Ich bin von dem Album auch sehr enttäuscht. „Cryptoriana…“ war ein verdammt starkes Album. Bei „Existence Is Futile“ lässt mich allein schon die überkomprimierte Produktion kalt so, dass einem die Lust auf das Album vergeht.
    Die Songs selbst finde ich allesamt nur mittelmäßig. Ich erkenne auch kein back to the roots, wie man es oft liest.
    Da gefällt mir der bisher einzige Tiefpunkt namens „Darkly, Darkly, Venus Aversa“ sogar besser.
    Und ja, das Artwork finde ich auch kitschig.

  2. Zugegeben: Eine Neuerfindung ihrer selbst liefern CoF hier, wie der Rezensent auch feststellt, nun wirklich nicht. Aber „eine Sammlung verschenkter Chancen“? – damit tut man diesem Album und seinen Machern m.E. schwer unrecht! Als ‚Crawling King Chaos‘ als erster Teaser-Song herauskam, war ich schon schwer begeistert und hoffte inständig, das Album würde halten, was dieser erste Song verspricht. Und ich wurde nicht enttäuscht! M.E. ist es ein typisches CoF-Album, und ja, es ist i.d.T. eine in Stil und Qualität konsequente Fortführung dessen, was sie mit ‚Hammer of the Witches‘ begonnen haben. Ich finde, Band und Album klingen frisch, inspiriert, rotzig, abwechslungsreich, zwar oft recht catchy (was mir allerdings taugt), und alles in allem hat es den für die letzten Alben typischen CoF-Sound. Von diesem scheint der Rezensent, wenn ich es recht interpretiere, freilich inzwischen genug zu haben. Was mich betrifft: Ich habe davon noch lange nicht genug!!! Was von Dani und seinen Mitstreiter*innen abgelifert wird, ist m.E. auf ganzer Linie handwerklich top, mir gefällt die Produktion (ein Hoch auf den natürlichen Drumsound, die eher reduziert und oldschool gehaltenen Synth-Sounds – es muss nicht immer das große Wagner-Orchester aus der Dose sein – sowie den unprätentiösen, klassischen „einfach Metal“-Gitarrensound!!!). Von mir gäbs 8 von 10 Punkten

    1. Hi Benni,

      freut mich für dich, dass du dem Album mehr als ich abgewinnen kannst. Bis zu einem gewissen Grad ist so etwas ja immer Geschmackssache. Ich mag dafür zB das von vielen verhasste „The Manticore And Other Horrors“ ziemlich gerne.
      Handwerklich ist die Platte freilich tadellos – alles andere wäre für eine erfahrene Band wie Cradle ja auch ein ziemliches Armutszeugnis. Ich persönlich bevorzuge eben Alben wie „Cruelty And The Beast“, die technisch vielleicht etwas holprig, aber ästhetisch mutiger sind. Und ja, für mich hat sich der neue Sound einfach schon etwas abgenutzt. Insbesondere die Artworks – diese Neuinterpretationen fand ich anfangs ja noch ganz witzig, aber dieses hier finde ich schon ziemlich einfallslos.
      Wie auch immer, dir jedenfalls noch viel Spaß mit dem Ding. Ich werde die Band deswegen jedenfalls nicht gleich ganz abschreiben – die Erfahrung hat ja gezeigt, dass Cradle auch heute noch positiv überraschen können. :)

      1. Nun, dass dieses Album so oder so an ein Meisterwerk wie „Cruelty and the Beast“ nicht heranreicht, da müssen wir nicht weiter diskutieren ;-) auch an eine „Midian“ oder „Dusk and Her Embrace“ nicht; auch „Hammer of the Witches“ finde ich etwas stärker als dieses. Andererseits haben Cradle auch schon, wie ich finde, deutlich schwächere Alben abgeliefert. Und ich bin einfach hocherfreut, dass sie sich nach ein paar (aus meiner Sicht) Durchhängern gefangen haben und nun seit „Hammer“ doch ziemlich stabil abliefern. Dass ich von einer Band, die so lange im Geschäft ist, sowohl die gefeierte Hochzeit als auch das „Spätwerk“ mag, kommt allemal eher selten vor… :-P
        Und die „Manticore“ mag ich persönlich auch echt gerne

    1. Dies ist natürlich eine Rezension zu Cradle Of Filths (leider ziemlich mittelmäßigem) Album „Existence Is Futile“. Steht ja auch so im Titel. ;)
      Spott beiseite: Störst du dich allen Ernstes daran, dass in dem Review auf die zwei prekärsten Probleme der aktuellen Zeit Bezug genommen wird? Dann musst du dich aber schon bei Cradle beschweren, die haben diesen Kontext nämlich selbst in Interviews und Pressetexten hergestellt. Genauer gesagt, dass sie die Klimakrise dezidiert thematisieren wollten und dass die Pandemie nach der Entstehung des Albums ausgebrochen ist, aber zufällig gut zum Konzept der Platte passt.
      Ich habe jedenfalls mit keinem Wort behauptet, dass die Band diese beiden Themen zwangsweise behandeln hätte müssen. Aber wenn ein Album mit einer Grundthematik wie „Existence Is Futile“ schon unter solchen Umständen erscheint, dann ist es doch ziemlich enttäuschend, wenn es so fad klingt.

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