COVENANT melden sich nach der bandinternen Personalumstellung zurück, im Gepäck haben sie ihr achtes Studioalbum und den Ruf, eine Instanz ihres Metier zu sein. Der Opener ist catchy genug, um sofort in die Beine zu gehen und mehr von den seit Mitte der 1990er aktiven Helden der EBM-Szene hören zu wollen. Das smoothe Hineingleiten in den Titeltrack des Albums „Leaving Babylon“ wird durch ein unharmonisch wirkendes, elektronisches Hämmern unterbrochen, wobei dieser Kontrast zwischen dem langsameren Grundtempo und den beinah brachial klingenden Streuungen eine eingehende Melodie schafft. Gelungener Start! Und das folgende „Prime Movers“ ist das, was ein Fan mit der sich in den vergangenen Jahren mehr zum Future Pop entwickelten COVENANT in Verbindung bringt: Stampfende Synthi-Parts, welchen dem Song eine vorwärtstreibende Energie verleihen, unterlegt mit dem typisch tiefen, stellenweise monoton klingenden Gesang von Simonsson. Das ist die Essenz von COVENANT, welche sie auf dem Album anscheinend nicht dauerhaft unter Beweis stellen wollen.
Grund für diese Annahme gibt zum Beispiel das sehr elektronisch angehauchte „For Our Time“, welches gesangstechnisch ungewöhnlich viel Einsatz verlangt, wobei Simonsson diesen Anforderungen lediglich mittelmäßig gerecht werden kann: Seine Stimme ist für die treibenden Songs bestens geeignet, aber die höheren Parts in Mid-Tempo-Nummern schmeicheln nicht sonderlich seinem nicht sämtliche Tonhöhen umfassenden Gesangvermögen. Einige Stellen auf „Leaving Babylon“ erinnern den Hörer immer wieder an diesen unschönen Fakt. „I Walk Slow“ gibt seinem Namen alle Ehre: Ein ruhiges Tempo, ein milde klingender Sänger, eine überraschend auftauchende Akustikgitarre – unterbrochen durch eine einfach nur dröhnende Gitarre im Stille von Sunn O))). Für die Verhältnisse der Schweden ein überaus experimentaler Track, der aber, wenn man die Begeisterung darüber, dass sich COVENANT fernab von eingetretenen Pfaden bewegen wollen, vergisst, leider nur eine nicht gelungene Komposition mit Roh-Version-Attitüde darstellt.
Nach der Hälfte des Albums kristallisiert sich die Vermutung heraus, dass COVENANT sich mehr trauen als sie sich zutrauen sollten: Stellenweise befinden sich wie mit „Last Dance“ und „Auto (Circulation)“ clubtaugliche Nummern auf „Leaving Babylon“. Mitunter befinden sich aber auch Lieder auf der Platte, die schlichtweg der Reputation von COVENANT schaden („I Walk Slow“) oder nicht im Gehörgang bleiben, weil sie entweder belanglos dahinplätschern („Leaving Babylon II“) oder so eklig poppig sind („Ignorance & Bliss“), dass man das Lied nicht nochmal hören möchte. „Leaving Babylon“ klingt unausgegoren, die Songs schaffen es nicht sich in ein harmonisches Ganzes zu fügen, sondern bleiben als einzelne Fragmente für sich alleine stehen. Musikalisch wandeln COVENANT fernab von gelungenen Platten wie „Dreams Of A Cryotank“ oder „Northern Light“ und liefern eine unausgeglichene Zusammenstellung verschiedener, teils sehr konträrer Ideen, die das Album darin hindern, flüssig und strukturiert zu wirken.
Wertung: 5.5 / 10
Nein, ich kenne nicht nur die Club-Stampfer, sondern auch die entsprechenden Alben. Gerade „Dreams Of A Cryotank“, (besonders) „Europa“ und „Northern Light“ sind meine Favoriten – jeder Song ist gelungen und schafft es den Zuhörer zu überraschen und einzufangen. Auf „Leaving Babylon“ wurde ich nahezu verschreckt, da ich die Übergänge, sowohl musikalisch als auch atmosphärisch, unpassend und störend empfinde. Interessant, wie verschieden das aktuelle Werk von zwei Covenant-Hörern wahrgenommen wird!
Es waren schon immer die „konträren Ideen“ die Covenant reizvoll machen. Ich finde aber, dass gerade „Leaving Babylon“ endlich mal wieder ein Covenant Album ist, das aus einem Guß ist und auch als Einheit Sinn macht. Da die meisten Leute nur die Singles (sprich die Club-Stampfer) kennen, wird die Band eben damit in Verbindung gebracht. Interessant sind sie aber wegen ihrer Experimentierfreude, die trotz bandtypischer Songs immer gegeben war. Der Autor der Rezension verbindet die Band anscheinend nur mit Tanzfläche. Aber ein Album, welches nur mit Kalibern a la „Prime Movers“ und „Last Dance“ gefüllt wäre, würde nach der Hälfte auf die Nerven fallen. Auf dieser Platte finde ich jedenfalls ausnahmslos jedes Stück gelungen.