Review Corey Taylor – CMF2

COREY TAYLOR ist, daran besteht kaum Zweifel, einer der größten Stars der heutigen Metal-Szene – aus der Rige derer, die in den 1990er-Jahren durchgestartet sind, vielleicht sogar der größte. Gemeinsam mit dem etwas weniger rockstarhaften, leicht verschroben Shawn „Clown“ Crahan hat er aus der Chaostruppe Slipknot einen Welterfolg gemacht: Mit 30 Mio. verkauften Tonträgern stehen diese in ihrer Generation nur noch hinter Korn (40 Mio. – bei doppelt vielen Albumveröffentlichungen!) und System Of A Down (die kaum mehr als aktive Band gewertet werden können). Ganz nebenbei hat er, den Fame geschickt umleitend, seine alte Band Stone Sour ins solide Mittelfeld des Alternative Rock gewuchtet. Und eigentlich, könnte man meinen, wäre es damit dann auch gut.

Mit Stone Sour scheint sich COREY TAYLOR allerdings überworfen zu haben: Seit nunmehr fünf Jahren liegt die Band auf Eis, erst unlängst sprach Taylor von „Drama und Problemen“, auf die er keine Lust mehr habe. Und von den Songs würden ihm eh nur seine eigenen noch Freude bereiten. In Anbetracht dieser Situation überrascht es wenig, dass sich Corey Taylor in der Pandemie mit einem echten Soloprojekt selbstständig machte: 2020 erschien das Debüt „CMFT“ – ein solides, leider aber komplett unspektakuläres Rock-Album. Drei Jahre später schiebt er nun „CMF2“ nach.

Ganz ohne „Drama und Probleme“ scheint es auch in der von Corey handverlesenen Truppe nicht abgelaufen zu sein: Nachdem Bassist Jason Christopher zunächst ohne Erklärung aus dem Linuep verschwunden war, wurde in den Sozialen Medien doch noch ordentlich dreckige Wäsche gewaschen. Christopher soll sich nicht an Corona-Auflagen im Bandgefüge gehalten haben, will dafür andererseits im ganzen Musiker-Umfeld diskreditiert worden sein. Im Kontext dieses Reviews (ja, wir kommen noch zur Musik … und zwar jetzt) war aber eine andere Aussage Christophers relevanter: „Ich vermisse es einfach, mich wichtig zu fühlen, indem ich generische Midwest-Radio-Rocksongs spiele, die ich nicht geschrieben habe und die ich nicht mal mag… Ich will nicht trash-talken, […] aber 80 % dieser Musik war absoluter Müll, und keiner meiner echten Freunde hat gezögert, mir das zu sagen, als das erste Album herauskam.“

Damit hat Christopher – was immer man von dem Mann ansonsten halten mag – leider einen Punkt. Und zwar nicht nur auf das erste Album bezogen. Tatsächlich findet sich nämlich in den 53:05 (!) Minuten, die „CMF2“ im CD-Schacht rotiert, wenig, das einer eingehenden Besprechung überhaupt würdig wäre: Eröffnet der „Post Traumatic Blues“ das Album im Stile alter Stone Sour noch recht kraftvoll, driftet Corey Taylor danach unversehens in handwerklich soliden, aber eben auch komplett egalen Radio-Rock ab. Natürlich: Wer Stone Sour liebt, wird sich von dem Album schon wegen Corey Taylors unverwechselbarer Stimme abgeholt fühlen. Andere Argumente, „CMF2“ zu hören, gibt es aber eigentlich nicht: Die Gitarren düdeln absolute Standards, die Songstrukturen klingen nach einer Hausaufgabe für die School Of Rock. Dazwischen rutscht mal ein etwas „punkigerer“ Song („We Are The Rest“), mal eine Schnulze („Someday I’ll Change Your Mind“ – mit dem Refrain „These are the days, ohohohoh“ durchaus mit dem Hosen-Machwerk „An Tagen wie diesen“ zu vergleichen) oder eine Herzschmerz-Ballade („Sorry Me“). Die wenigen etwas härteren Nummern, etwa das ebenfalls sehr Stone-Sour-eske „Starmate“ oder das im Vergleich zu allem bisher Gehörten fast schon brachiale „All I Want Is Hate“, klingen in diesem Setting wie Ausrutscher.

Wie hatte Corey Taylor das Album noch angekündigt? Ach ja, richtig: Musically, it’s harder, it’s faster, but there’s still tons of stuff from the first album. So, there’s elements of Slipknot, there’s elements of Stone Sour, there’s elements of CMFT […] Niemand ist bereit für das, was er hören wird. Wirklich wahr.“ Nun, mit dem letzten Punkt hat er Recht behalten – allerdings nur mit diesem: Was COREY TAYLOR mit „CMF2“ abliefert, ist nicht nur weit von „härter“ oder „schneller“ entfernt, sondern leider auch von „spannend“. Und mittelmäßige Rock-Musik gibt es wahrlich schon genug – dafür braucht es nicht noch den musikalischen Ego-Trip eines knapp 50-jährigen Rock-Millionärs, der mit Graffitti-Logo auf jung und mit einem selbstreferenziellen Cover auf vielgesichtig macht. Dass ausgerechnet Josh Rands mit The L.I.F.E. Project gezeigt hat, wie es anders geht, entbehrt nicht einer gewissen Komik.

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Wertung: 5.5 / 10

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